Forschungsprojekt MINT-Personal

Standort Frankfurt | Apl. Prof. Dr. Friederike Korneck | Renan Vairo Nunes

Seit Jahren wurde, um dem massiven und aktuell weiter zunehmenden MINT-Lehrkräftemangel entgegenzuwirken, auf Sondereinstellungsmaßnahmen gesetzt, die die Zusammensetzung der MINT-Kollegien stark verändert haben. So stieg der Anteil von Quer- und Seiteneinsteigenden an den Gesamteinstellungen von Lehrpersonen seit 2013 deutlich an (KMK, 2020). Ebenfalls gestiegen ist die Anzahl von fachfremd Unterrichtenden, d. h. Lehrkräften, die mindestens ein MINT-Fach ohne die entsprechende Lehrbefähigung unterrichten (Richter et al., 2019). Insgesamt lässt sich feststellen, dass ein beträchtlicher Anteil des heutigen Unterrichts im MINT-Bereich von Quer- und Seiteneinsteigenden, fachfremd Unterrichtenden und studentischen Vertretungslehrkräften erteilt wird (Korneck, 2019).

Die Konsequenzen dieser Entwicklung für die Professionalisierung von MINT-Lehrkräften und die Qualität des MINT-Unterrichts stellen daher einen wichtigen Forschungsgegenstand dar. Dass Lehrkräfte mit unterschiedlichen Professionalisierungswegen sich bezüglich ihrer professionellen Kompetenz unterscheiden, ist inzwischen empirisch belegt (Lamprecht, 2011; Oettinghaus, 2016; Lucksnat et al., 2020). Über die Auswirkungen solcher Kompetenzunterschiede auf den Berufsalltag, die Zusammenarbeit in den Kollegien und die Berufszufriedenheit der Lehrkräfte ist jedoch wenig bekannt. Es ist kaum bekannt, wie die Lehrkräfte des MINT-Personals (d. h. alle Lehrkräfte, die mindestens ein MINT-Fach unterrichten) selbst mit ihren verschiedenen beruflichen Voraussetzungen umgehen, wie sie ihre Arbeitssituation einschätzen und inwiefern die Inklusion aller Lehrkräfte in die Fachkollegien gelingt.

Das von der Deutschen Telekom-Stiftung geförderte und in Kooperation mit der TU Darmstadt (Prof. Dr. Birgit Ziegler) und dem IPN Kiel (Prof. Dr. Ilka Parchmann) durchgeführte Forschungsprojekt untersucht die Arbeitssituation des MINT-Lehrpersonals an allgemein- und berufsbildenden Schulen in Deutschland. Im Rahmen einer zweiphasigen Online-Befragung von MINT-Lehrkräften wird eruiert, wie MINT-Lehrkräfte einerseits ihre Arbeitssituation/-zufriedenheit und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten an der Schule, andererseits die eigene Unterrichtsqualität und andere Aspekte der professionellen Kompetenz (z. B. Enthusiasmus, Lehr-Lern-Überzeugungen, Selbstwirksamkeitserwartungen, …) einschätzen. Dabei wird ein besonderer Blick auf die zunehmende Diversität der Professionalisierungswege in den MINT-Kollegien geworfen, d. h. darauf, dass zusätzlich zu regulär ausgebildeten Lehrkräften immer mehr Quer- und Seiteneinsteigende, fachfremd Unterrichtende und weitere Lehrkräfte mit nicht-traditionellen Professionalisierungswegen und unterschiedlichen Berufsvoraussetzungen in die Kollegien integriert werden müssen.

Das Ziel des Projekts besteht darin, aus den gewonnenen Erkenntnissen bildungspolitische Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von MINT-Lehrkräften, Hinweise für die Erarbeitung erfolgreicher Professionalisierungskonzepte sowie gelingender Zusammenarbeit in den Fachkollegien abzuleiten, um die Berufsbedingungen von MINT-Lehrkräften attraktiver zu gestalten und somit die Lehrkräftegewinnung langfristig zu verbessern.

Die Stichprobe der ersten Befragung (2021) besteht zum einen aus Lehrkräften, die auf verschiedenen Kanälen über die Studie informiert wurden, und zum anderen aus Lehrkräften der Berufsverbände „MNU-Bundesverband“ und „MINT Zukunft Verein“. In der zweiten Erhebung (2022, laufend) werden MINT-Lehrkräfte in 7 Bundesländern befragt, u. a. mit dem Ziel, Schulensembles zu erheben.

Stichworte: Arbeitssituation, Arbeitszufriedenheit, job satisfaction, Professionalisierungswege, Quereinsteigende, Seiteneinsteigende, fachfremd Unterrichtende, beliefs, teacher beliefs, Lehrerüberzeugungen, Unterrichtsqualität, Lehrerkompetenz, Professionalisierung, professionelle Kompetenz

  

Übersicht der Publikationen zu MINT-Personal

Vairo Nunes, R. & Korneck, F. (2022). MINT-Personal: Arbeitssituation von Lehrkräften im MINT-Bereich. In: S. Habig & H. van Horst (Hrsg.), Unsicherheit als Element von naturwissenschaftsbezogenen Bildungsprozessen. GDCP virtuelle Jahrestagung 2021 (Bd. 41, S. 224–227). Universität Regensburg. |Zur Publikation|

Vairo Nunes, R., Korneck, F., Berger, J., Ziegler, B., Rönnebeck, S. & Parchmann, I. (2021). Entwicklung eines Testinstruments zur Untersuchung der Arbeitssituation von MINT-Lehrkräften. In J. Grebe-Ellis & H. Grötzebauch (Hrsg.), PhyDid B, Didaktik der Physik, Beiträge zur virtuellen DPG-Frühjahrstagung 2021 (S. 203–207). |Zur Publikation|

Vairo Nunes, R., Korneck, F., Berger, J., Ziegler, B., Rönnebeck, S. & Parchmann, I. (2021). Arbeitssituation und Professionalisierungswege von MINT-Lehrkräften. In: S. Habig (Hrsg.), Naturwissenschaftlicher Unterricht und Lehrerbildung im Umbruch? GDCP virtuelle Jahrestagung 2020 (Bd. 41, S. 633–636). Universität Regensburg. |Zur Publikation|

Examensarbeiten im Rahmen von MINT-Personal:


Kollien, M. (2021). Interviews mit Physiklehrkräften zu ihrer Arbeitssituation und -zufriedenheit sowie ihrem unterrichtlichen Handeln. Wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen der ersten Staatsexamensprüfung für das Lehramt an Gymnasien. Goethe-Universität, Frankfurt am Main.

Veröffentlichung der Position zu "MINT-Personal an Schulen" des nationalen MINT Forum. (PDF-Dokument): Hier klicken!