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a.) Religiöse Positionierung im Reisebericht des Pilgers Pietro Della Valle (1586-1652); Dissertation

b.) Religiöse Positionierung im Reisebericht und den tibetischen Texten des Jesuiten-Missionars Ippolito Desideri (1684-1733); Potsdoc-Projekt 


Prozesse und Akte von Positionierung lassen sich mit Antony Giddens als eine 'Kontinuität sozialer Praktiken' verstehen, welche in konkreten Raum/ Zeit-Achsen die spezifische Identität der betreffenden Person konstituieren. Giddens fokussiert vor allem die Interaktion von Akteuren, deren Handlungen jeweils als durch implizites Wissen angeleitete, körperlich verankerte Routinen aufgefaßt werden. Identitätsmuster und Rollenverhalten sind diesbezüglich von erheblicher Bedeutung. Wenn aber solche Routinen unterbrochen werden entstehen noch einmal ganz andere Dynamiken und Prozesse, die wir mit dem Begriff des Transfers zu erfassen suchen.

Die beiden Fallstudien analysieren historische Reiseberichte, die durch ihre Akteure auf je besondere Weise religiös motiviert sind. Es geht a.) um Pietro della Valles (1586-1652) Pilgerreise über Gebiete des östlichen Mittelmeeres, nach Konstantinopel, Kairo bis zu den christlichen Pilgerorten in Palästina, dann weiter über durch das Osmanische Reich (Türkei und Syrien) nach Persien und Indien in den Jahren 1614-1625 und die entsprechenden Reiseberichte, die er von 1650 bis 1663 dazu veröffentlicht hat. Sechs Jahre davon konnte er unter dem Schutz von Shah Abbas I. in Isfahan verbringen, wo er außerdem den schiitischen Geistlichen gegenüber eine christliche Apologie in persischer und lateinischer Sprache verfaßte, die im Zusammenhang dieses Projektes erstmals herausgegeben und erläutert werden soll (vgl. Halft 2010).

Es geht b.) um den Jesuiten-Missionar Ippolito Desideri (1684-1733), der zwischen 1713 bis 1727 durch Indien (Goa und muslimisches Mogulreich), Kashmir und Ladakh bis Tibet reiste, wo er sich von 1715 bis 1721 aufhielt. Er gewann Schutz und die Förderung durch den mongolischen Statthalters Lha bzang Khan, studierte in den Klöstern Ramoche und Sera (Lhasa) und lehrte nach eignen Angaben dort das Christentum. Während andere Missionare, die vor ihm im Tibet tätig waren, den Buddhismus zumeist aus der Vermittlung von Persisch sprachigen muslimischen Gewährspersonen erhielten, gelang es Desideri, seine Studien so zu vertiefen, dass er mit Mönchen und Lamas in einen direkten Dialog treten konnte. Neben einem Reisebericht verfasste er insgesamt 5 christlich apologetische Werke auf Tibetisch.

Damit sind zwei herausragende Einzelbeispiele fokussiert, die im Zentrum des katholischen Christen-tums ihren Ausgang nehmen. An ihren Zielorten befinden sie sich Pilger und Missionar religiös in der Minderheit. Sie müssen sich mit der jeweiligen Mehrheitsreligion vor Ort auseinandersetzen, mit dem sich gerade etablierenden schiitischen Islam in Persien bzw. mit der Gelug-Schule (Ganden-Tradition) des Vajrayana-Buddhismus in Tibet. Ferner gilt, dass sowohl auf den weiten lang andauernden Reisen und in beiden Zielgesellschaften eine größere Pluralität an Religionen und ethnischen Gruppen zu finden sind als in ihrer Heimat. Außerdem ergeben sich Gemeinsamkeiten daraus, dass beide Indien (Mogul-reich) von Goa aus erkundet haben. Diese regionalen Überschneidungen, sowie die Beziehungen beider Akteure zur Congregatio de Propaganda Fide (gegründet von Papst Gregor XV. 1622), erlauben u.a. vergleichende Analysen.

Das Projekt hat eine historische bzw. ethnohistorische und eine methodische Perspektive, die vor allem wissenssoziologisch und hermeneutisch ausgerichtet ist.


Dieses Projekt ist kooptiert mit dem von Dr. Reza Pourjarvady