„Es gibt keine dummen Fragen“ – Arbeitsfeld Presse

Wie wird man Journalist/in? Welches Wissen, welche Qualitäten benötigt ein/e gute(r) Journalist/in? Ist das Studium der Romanistik eine gute Ausgangsbasis dafür? Wie sind die Arbeitsbedingungen, wie die Berufsaussichten? Um diese und andere Fragen ging es bei der Veranstaltung zum „Arbeitsfeld Presse“, die – moderiert von Prof. Karsten Garscha –  am 1. Juli 2004 Studierende und AbsolventInnen der Frankfurter Romanistik zusammenbrachte. Vier JournalistInnen, die in den achtziger und neunziger Jahren dort studiert hatten, schilderten anschaulich und mit Humor Freud und Leid ihres Arbeitslebens.

Katja Bode (geb. Kloweit; Abschluss 1997) arbeitete nach dem Studium zunächst als feste Freie bei den Lübecker Nachrichten, wurde nach einem Volontariat Wirtschaftsredakteurin bei der Hamburger Morgenpost und ist heute freie Journalistin in Berlin. Sabine Börchers (Abschluss 1996) wurde nach verschiedenen Praktika während des Studiums im Anschluss daran ebenfalls feste Freie, bevor sie nach dem Frankfurter Aufbaustudium „Buch und Medienpraxis“ und einem Volontariat bei der Frankfurter Neuen Presse dort eine Redakteursstelle in der Lokalredaktion bekam. Als „Klatschtante“ (S. Börchers) ist sie dort für die Gesellschaftsberichterstattung zuständig, was den Besuch aller in Frankfurt wichtigen Veranstaltungen einschließt. Nina Schellhase (Abschluss 2001), während ihres Magisterstudiums Praktikantin bei der Frankfurter Rundschau und dem Saarländischen Rundfunk, ist seit einem Jahr Volontärin beim Journal Frankfurt. Roland Siegloff (Abschluss 1991) begann schon während der Schulzeit als freier Mitarbeiter bei der Emder Zeitung, wo er anschließend volontierte und als Redakteur arbeitete, bevor er sein Studium in Frankfurt aufnahm. Nachdem er die ganze Studienzeit über für verschiedene Zeitungen sowie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schrieb, führte ihn sein weiterer Berufsweg als Redakteur über das dpa-Landesbüro Frankfurt und das dpa-Außenbüro Mainz nach Brüssel, wo er sich heute als dpa-Auslandskorrespondent besonders mit der EU-Politik befasst.

Das Studienfach Romanistik wählte keine/r der Podiumsgäste im Hinblick auf einen Beruf im Journalismus. Studiert wurde das, „woran mein Herz hängt“ (K. Bode), „Romanistik um der Romanistik willen“ (N. Schellhase), d. h. „aus Interesse an Literatur, Liebe zur Sprache“ (R. Siegloff). Niemand auf dem Podium sah die Romanistik als Königsweg in den Journalismus, jedoch erwarben alle im Studium für ihren Beruf wesentliche Fähigkeiten: zielgerichtete Informationssuche, schnelles Einarbeiten in ein neues Thema, Eigeninitiative, Chaosbewältigung (!), ein Gefühl für Sprache und die Beherrschung mehrerer Fremdsprachen wurden genannt. Letzteres kann in Interviews, z. B. mit Generalkonsuln aus latein-amerikanischen Ländern (S. Börchers), nützlich und auf Pressekonferenzen unabdingbar sein, wie R. Siegloff an einem Beispiel zeigte: Um dem französischen Präsidenten eine Frage stellen zu dürfen, müsse ein Journalist zwei Bedingungen erfüllen: eine Krawatte tragen und die französische Sprache beherrschen.

Neben den sprachlichen Fertigkeiten zeichnen gute JournalistInnen nach Meinung der PodiumsteilnehmerInnen noch viele andere Dinge aus: ein Gespür für Themen, in der Lage zu sein, das „Thema im Thema“ zu finden. Neugierde sowie die Gabe, staunen zu können. Überzeugungskraft, um Themen innerhalb der Redaktion durchzusetzen. Nicht zuletzt eine große Eigenständigkeit, aber auch die Fähigkeit, Kritik aushalten zu können.

Deutlich wurde an diesem Abend die Begeisterung, die alle vier für ihren Beruf haben. Die sehr flexiblen Arbeitszeiten bei Tageszeitungen (K. Bode: „Für Reportagen bin ich schon morgens um vier durch die Gegend gelaufen“) werden in Kauf genommen, der oft enorme Zeitdruck, unter dem Texte produziert werden müssen, als Herausforderung gesehen, der man sich im Verlauf der Berufsjahre auf der Basis von Routine immer besser stellen könne. Im Gegenzug winkt das „Privileg, alles fragen zu können“ (S. Börchers), denn als Mittler zwischen Spezialisten und einem breiten Publikum gebe es für Journalisten einfach keine dummen Fragen.

Ebenfalls sehr interessant waren auch die Erzählungen aus der Zeit als Berufsanfänger/in. Wie die erste eigene Geschichte, die gedruckt wurde, vorher viermal neu geschrieben werden musste; man nach 80 Seiten Magisterarbeit mühsam zu lernen hatte, nun in 80 Zeilen „alles“ zu sagen und bei jedem Wechsel zu einer anderen Zeitung der dort geforderte Stil zu erlernen war.

Auf die Frage nach den Berufsaussichten folgte zunächst ein beredtes Schweigen. Den Einstellungsstopp der meisten Zeitungen nahmen die Gäste jedoch nicht zum Anlass, generell vom Journalismus abzuraten. Wer es wirklich wolle, der/die schaffe es auch. Wenn man in einer Redaktion bereits bekannt sei, stiegen die Chancen auf einen Volontariatsplatz. Keinesfalls solle man sich von Absagen abschrecken lassen. Den Studierenden wurde geraten, sich bereits während des Studiums um freie Mitarbeit und/oder Praktika zu bemühen, wozu es im Anschluss an die Veranstaltung bei einem Umtrunk konkrete Informationen gab.

Almut Wilske

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