Übersetzerwerkstatt "J-Content"

Übersetzerwerkstatt "J-Content" (Organisation Prof. Dr. Lisette Gebhardt)

Wir freuen uns bekannt zu geben, dass die Tradition von Workshops zum Thema literarisches Übersetzen an der Japanologie der Goethe-Universität nach einer Pause im Sommer 2024 unter dem Motto „J-Content“ fortgeführt werden kann. Beteiligt sind in diesem Jahr Dr. Verena Maser, Yukiko Luginbühl M.A. und Cheyenne Dreißigacker M.A.

Auch 2024 wird die Veranstaltung Gästen außerhalb Frankfurts und interessierten Studierenden anderer Universitäten offen stehen!

Bei Interesse an der Teilnahme wenden Sie sich bitte per Mail an das Sekretariat der Japanologie (paulat@em.uni-frankfurt.de).

Datum:
11.-12. Juli 2024
Ort: Gebäude SKW 05.B127 / 05.B103 (Bibliothek)




Plakat: ©Jana Zipprich

Zum Rahmenthema

Anlässlich des Treffens in der Übersetzerwerkstatt 2024 steht das Thema „J-Content“ zur Diskussion. Ausgehend von der Beobachtung des aktuellen Buchmarkts wird die These aufgestellt, dass die gegenwärtige japanische Literatur eine neue Qualität aufweist: Sie zeigt sich vorwiegend als literarische Unterhaltung mit bestimmten Leitmotiven, einer charakteristischen Botschaft, meist komponiert nach typischen Schemata.

Die Texte entsprechen deshalb – in älterer Klassifikation – einer „Unterhaltungsliteratur“ (goraku bungaku 娯楽文学), „Populärliteratur“ (tsûzoku bungaku 通俗文学), „Massenliteratur“ (taishû bungaku 大衆文学), mit der Bedeutung von Schemaliteratur bzw. Trivialliteratur oder, formuliert im Duktus der Kreativindustrie, sind „Content“ (multimediale Inhalte) mit gezielter Ausrichtung auf Leserprofile. Anders als es bei der früher in westlichen Übersetzungen vorgestellten „literarischen Literatur“ (junbungaku 純文学) von renommierten, einen „offiziellen“ Kanon repräsentierenden Schriftstellern und Schriftstellerinnen der Fall war, erweist sich die japanische Unterhaltungsliteratur des 21. Jahrhunderts als leicht zugänglich: Ihre Japanizität erscheint nicht als Hürde, sondern als Mehrwert. Das, was man mit ihr als japanische Literatur versteht, ist nun „Weltliteratur“ auf dem globalen Buchmarkt und Teil des staatlich initiierten Projekts einer japanischen Kreativnation unter dem (alten) Motto „Cool Japan“.

Diese Entwicklungen lassen sich literatur- und zeitgeschichtlich auf einige  Paradigmenwechsel zurückführen: Mit dem Konzept „J-Bungaku“ (J-文学) und einer Generation jüngerer Autoren Ende der 1990er Jahre trat eine erste Stufe des Wandels zutage. Mit den Texten der Heisei-Literatur (Heisei bungaku 平成文学) der 2000er und der Suche nach Bestsellern in einer von Verlusten bedrohten Verlagslandschaft erleben Copywriter ihren Aufstieg. Betrachtet man die Übersetzungen der letzten Dekade, besteht japanische Literatur vor allem aus den Inhalten „Katze“, „Küche“ und „Lebenskunst“ (Stichwort ikikata no hon). Sie folgt dabei offensichtlich dem weltweit populären Trend zum Ratgeber und zur Erzeugung von Wohlfühlkulissen (Stichwort iyashi 癒し; dt. Verlagsprosa: „herzerwärmend“) in einer zur Transformationsphase erklärten Zeit.

Die Übersetzerwerkstatt 2024 beschäftigt sich mit Fragen, die sich aus dem beschriebenen Szenario ergeben: Was bedeutet die Konzentration auf J-Content für die Wahrnehmung japanischer Literatur? Wie ist es um die Freiheit des Übersetzens bestellt, wenn die Auswahl möglicher Titel sich auf normierte Formate beschränkt? Wird ein Übersetzer von Texten in „einfacher“ Sprache dann nicht bald durch KI ersetzt? Wie steht es um die Ästhetik des Sprachlichen? Inwieweit kann ein literaturbezogenes Japanologiestudium bzw. die Bezugnahme auf japanologische Erkenntnisse dem Übersetzenden hilfreich sein? Hat die Hinwendung zum J-Prinzip am Ende die Verzwergung oder sogar das Verschwinden des Übersetzers zur Folge? Oder eröffnen sich im Gegenteil neue Chancen?

Neben den Erörterungen zum japanischen Buchmarkt und zu Übersetzungsstrategien deutscher Verlage, bilden die von den Vertreterinnen der Praxis (Verena Maser, Yukiko Luginbühl, Cheyenne Dreißacker) durchgeführten Übersetzungsübungen einen wichtigen Bestandteil der "Werkstatt", auf der auch Zeit für persönliche Gespräche eingeplant ist. 

Programm der Veranstaltung zum Ausdruck