Forschung

Aktuelles


Forschungsverbund der Goethe-Universität Frankfurt

Dynamiken des Religiösen

Im Forschungsverbund „Dynamiken des Religiösen“ untersuchen wir, Wissenschaftler*innen aus neun geisteswissenschaftlichen Disziplinen, Prozesse von Verstehen, Missverstehen und Verständigung in religiösen Kontexten. Wir fragen danach, wie sich diese Dynamiken historisch und konzeptuell fassen lassen und ergründen, welche politisch-sozialen, rationalen und emotionalen Voraussetzungen Verständigung braucht. 



Prof. Dr. Armina Omerika

Professorin für Ideengeschichte des Islam

Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.121

Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)

E-Mail: omerika@em.uni-frankfurt.de


Prof. Dr. Bekim Agai

Professor für Kultur und Gesellschaft des Islam in Geschichte und Gegenwart

Direktor der Akademie für Islam in Wissenschaft und Gesellschaft (AIWG)

Büro: SKW 04.B.119
Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)
E-Mail: agai@em.uni-frankfurt.de


Prof. Dr. Ömer Özsoy

Professor für Koranexegese

Stellvertretender Direktor des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.120
Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)
E-Mail: oezsoy@em.uni-frankfurt.de



Der LOEWE-Schwerpunkt “Minderheiten: Sprache und Identität” erarbeitet eine interdisziplinäre Untersuchung der Problematik von Identitätsbildung bei Minderheiten. Dazu untersuchen wir drei Arten von Relationen:

  • die Relation zwischen Minderheiten “im eigenen Land” und Minderheiten “im Ausland”
  • die Relation zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung von Minderheiten (sowohl “im eigenen Land” als auch im “Ausland”); und
  • die wechselseitige Relation der identitätsbedingenden Vorgaben Sprache, Religion, Kultur und Ethnos, in Selbstsicht und Fremdsicht “im eigenen Land” und “im Ausland”.


Prof. Dr. Armina Omerika

Professorin für Ideengeschichte des Islam

Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.121

Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)

E-Mail: omerika@em.uni-frankfurt.de


Prof. Dr. Ömer Özsoy

Professor für Koranexegese

Stellvertretender Direktor des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.120
Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)
E-Mail: oezsoy@em.uni-frankfurt.de


Dr. Daniel Birnstiel

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Büro: SKW 04.B.148
Tel.: 069/798-33746

E-Mail: birnstiel@em.uni-frankfurt.de


Neue Ansätze aus Theologie und Recht zwischen modernen Herausforderungen und islamischer Tradition – AIWG-Forschungsgruppe

Wege zu einer Ethik


Die Shortterm-Forschungsgruppe „Wege zu einer Ethik: Neue Ansätze aus Theologie und Recht zwischen modernen Herausforderungen und islamischer Tradition“ war ein gemeinsames Forschungsprojekt des Berliner Instituts für Islamische Theologie der Humboldt-Universität zu Berlin und des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Das Projekt ging von zwei Prämissen aus: Erstens besteht ein Bedarf der (muslimischen) Zivilgesellschaft und der akademischen Islamischen Theologie an der kritischen Analyse und Fruchtbarmachung des ethischen Erbes der islamischen Tradition für die Gegenwart. Und zweitens hat sich innerhalb der klassisch-islamischen Theologie keine eigenständige Disziplin der „Islamischen Ethik“ herausgebildet, sodass verschiedene klassisch-islamische Wissenschaftstraditionen auf ihr ethisches Denken hin untersucht werden müssen.



Prof. Dr. Rana Alsoufi

Juniorprofessorin für Normenlehre des Islam

Büro: SKW 04.B.118

Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)

E-Mail: alsoufi@em.uni-frankfurt.de


Rana Alsoufi, Serdar Kurnaz, Mira Sievers (Hg.) – Theologie, Bildung, Ethik und Recht des Islam Band 7 – 2023

Wege zu einer Ethik – Neue Ansätze aus Theologie und Recht zwischen modernen Herausforderungen und islamischer Tradition

An die islamisch-theologischen Studien in Deutschland werden regelmäßig Anfragen gerichtet, die auf den Beitrag der „islamischen Ethik“ für die Gegenwart abzielen. Dabei stellt sich die Frage, wie zeitgenössische ethische Fragen mit Rücksicht auf die islamisch-theologische Tradition beantwortet werden können. Das vorliegende Buch präsentiert zunächst vier Ethikkonzeptionen von Gelehrten unterschiedlicher theologischer Ausrichtung aus der islamischen Geschichte. Darauf folgt die Besprechung von vier zeitgenössischen Beispielen aus dem Bereich der Sexualethik, in der diese Ansätze für ihre Besprechung fruchtbar gemacht werden.

Mit Beiträgen von Fatma Akan Ayyildiz, Bahattin Akyol, Mehrdad Alipour, Selma Schwarz



Rekonstruktion der Entstehungsdynamik(en) des Korans mithilfe der Netzwerkmodellierung früher islamischer Überlieferungen – AIWG-Forschungsgruppe

Linked Open Tafsīr


Die Shortterm-Forschungsgruppe „Wege zu einer Ethik: Neue Ansätze aus Theologie und Recht zwischen modernen Herausforderungen und islamischer Tradition“ war ein gemeinsames Forschungsprojekt des Berliner Instituts für Islamische Theologie der Humboldt-Universität zu Berlin und des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Das Projekt ging von zwei Prämissen aus: Erstens besteht ein Bedarf der (muslimischen) Zivilgesellschaft und der akademischen Islamischen Theologie an der kritischen Analyse und Fruchtbarmachung des ethischen Erbes der islamischen Tradition für die Gegenwart. Und zweitens hat sich innerhalb der klassisch-islamischen Theologie keine eigenständige Disziplin der „Islamischen Ethik“ herausgebildet, sodass verschiedene klassisch-islamische Wissenschaftstraditionen auf ihr ethisches Denken hin untersucht werden müssen.




Prof. Dr. Ömer Özsoy

Professor für Koranexegese

Stellvertretender Direktor des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.120
Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)
E-Mail: oezsoy@em.uni-frankfurt.de

FRAZIT Special Issue 3 – 2021

Koranexegese in Geschichte und Gegenwart

Mit Beiträgen von: Misbahur Rehman, Serdar Kurnaz, Tugrul Kurt, Nimet Şeker, Canan und Sercan Üstündağ


Betreuung dieser Ausgabe: Serdar Kurnaz



Digitale Bibliographie zu Koran und seiner Auslegung (610–910) – Forschungsverbund der Goethe-Universität Frankfurt

Bibliotheca Coranica


Das Projekt setzt sich die Erstellung einer digitalen und kommentierten Bibliographie der Literatur zu Koran und seiner Auslegung in den ersten drei Jahrhunderten des Islams zum Ziel. Die angestrebte Bibliographie zeichnet sich von den vorhandenen Fachbibliographien und Katalogen dadurch aus, dass alle relevanten Entitäten (nicht erhaltene Werke, Manuskripte, Pseudoepigrafe, Rekonstruktionen, kritische Editionen, Faksimiles etc.) als solche erfasst und miteinander sowie mit einschlägigen bio- und bibliographischen Datenbanken verknüpft werden. Es ist geplant, im Herbst 2021 die bis dahin erfassten Einträge nach dem sogenannten Wiki-Prinzip online zur Verfügung zu stellen, so dass Besucher_innen nicht nur die Inhalte lesen, sondern auch sie im Webbrowser bearbeiten und ändern können werden. Das Projekt erfolgt durch eigene Mittel der Professur Koranexegese. Mittelfristig ist es geplant, die Projektarbeit durch eine entsprechende Drittmittelförderung um eine „Bibliotheca Arabica Islamica (610 – 1150)“ zu erweitern.


Prof. Dr. Ömer Özsoy

Professor für Koranexegese

Stellvertretender Direktor des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.120
Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)
E-Mail: oezsoy@em.uni-frankfurt.de



LOEWE-Schwerpunkt "Religiöse Positionierung: Modalitäten und Konstellationen in jüdischen, christlichen und islamischen Kontexten (RelPos)"

Mit anderen Wahrheiten leben: Islamische Wege im Umgang mit interreligiöser und innerislamischer Differenz

Die Rolle der Religionen in der globalisierten Welt ist zwiespältig. Sie dienen nicht allein der Stiftung von Sinn, Orientierung und Zusammenhalt, sondern wirken gleichermaßen als Triebkräfte von Konflikten, die oftmals in Gewalt münden. Der interdisziplinäre LOEWE-Schwerpunkt „Religiöse Positionierung“ geht der Frage nach, unter welchen Bedingungen sich die religiösen Gegensätze in den multireligiösen und -kulturellen Gesellschaften der Gegenwart auf weniger destruktive Weise austragen lassen.

Das Projekt geht von der Annahme aus, dass Religionen grundsätzlich positionell und somit potentiell konflikthaft sind. Gleichwohl muss ihr Umgang mit religiöser Pluralität und Differenz nicht zwangsläufig aggressive Formen annehmen. Erfahrungen von Andersheit und Fremdheit können im Gegenteil zu Positionierungen mit einem integrativen und dialogischen Charakter führen, ohne dass dabei die Differenzen eingeebnet würden.

Das LOEWE-Projekt widmet sich der Erforschung von pluralismusfähigen Modalitäten religiöser Positionierungen und untersucht, welche historischen, politischen und kulturellen Konstellationen dafür förderlich oder hinderlich sind. Es will damit einen wirksamen Beitrag zu den öffentlichen Diskursen über Migration, Multireligiosität, die Begegnung von Religionen und die Bewältigung religiöser Konflikte leisten.



Prof. Dr. Armina Omerika

Professorin für Ideengeschichte des Islam

Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.121

Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)

E-Mail: omerika@em.uni-frankfurt.de


Prof. Dr. Ömer Özsoy

Professor für Koranexegese

Stellvertretender Direktor des Instituts für Studien der Kultur und Religion des Islam

Büro: SKW 04.B.120
Tel.: 069/798-32751 (Sekretariat)
E-Mail: oezsoy@em.uni-frankfurt.de


Dr. Daniel Birnstiel

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Büro: SKW 04.B.148
Tel.: 069/798-33746

E-Mail: birnstiel@em.uni-frankfurt.de



Ausgelaufene Projekte

Postdoc-Programm 2012–2016 (BMBF-Förderung)


Postdoc-Gruppe I

Wissens- und Methodenkonzepte in den islamischen Wissenschaften

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Postdoc-Gruppe I setzen sich mit den unterschiedlichen Wissenskonzeptionen und den hiermit verknüpften Methoden in den folgenden klassischen Disziplinen der muslimischen Wissenschaftstradition auseinander: Koranexegese, Hadithwissenschaft, Islamische Jurisprudenz und Prophetenbiographie. Hierbei sollten auch die marginalisierten und diskreditierten Anteile der Tradition, die sich an den Grenzlinien des muslimischen Kulturraumes finden, im Sinne einer erschöpfenden Tradition (tradition exhaustive bei Arkoun) einbezogen werden. Die Postdoc-Gruppe soll mit ihren Themenschwerpunkten zur Aktualisierung der Islamischen Theologie beitragen und gesellschaftliche Prozesse einleiten, die zur Versachlichung der Debatten über den Islam führen und damit einen Beitrag zur Etablierung der Islamischen Theologie im deutschen und europäischen Kontext leisten.
Das Postdoc-Vorhaben von Frau Dr. Başol handelt von den Überlieferungen bzgl. der Ehe des Propheten Muḥammad  mit Zaynab. Hierzu sollen die Berichte, die in unterschiedlichen Literaturgattungen vorhanden sind, nebeneinander gestellt und kritisch ausgewertet werden. Im Vordergrund der Arbeit steht, über welche Wege bzw. Methoden Gelehrte und Historiker die Offenbarungsgeschichte (re)konstruiert haben.

Herr Dr. Birnstiel erforscht im Rahmen seines Postdoc-Projekts die verschiedenen im Koran attestierten Verbalstämme hinsichtlich ihrer morphologischen Ableitung und Bedeutungsnuancen. Dabei sollen v.a. anhand von Verbalwurzeln, die in verschiedenen Konjugationen vorliegen, Bedeutungsnuancen dieser Stammbildungen erarbeitet werden und der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Semantik der im Koran vorliegenden Verben unter Berücksichtigung der verschiedenen Wortbildungsmuster und der zugrunde liegenden Wurzeln abgeleitet bzw. vorhersagbar ist und inwiefern die vorliegenden Verben einen Prozess der Grammatikalisierung und Lexikalisierung durchlaufen haben und in ihrer Bedeutung nur durch den Kontext der jeweiligen Passagen bestimmt werden können. Diese Arbeit bildet dabei einen ersten Schritt für eine Wortbildungslehre und semantischen Bestimmung des gesamten koranischen Wortschatzes.

Das Postdoc-Projekt von Dr. Misbahur Rehman beabsichtigt die Dynamik eines lebendigen Textes zu verstehen, indem es die Komplexität von Sekundärtexten wie etwa Kommentarwerken (šurūḥ, ḥawāšī, taʿlīqāt, taqrīrāt) in der islamischen Wissenschaft untersucht. Die Forschungsarbeit behandelt die Merkmale von Kommentarwerken, die sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben, um ihren Entwicklungsprozess nachzuvollziehen. Zu diesem Zweck betrachtet die Arbeit paradigmatisch die Entstehung der Texte sowie deren orts- und zeitgebundene Rezeption durch Gelehrte einer bestimmten Rechtsschule (maḏhab). Damit sollen die kontingenten Einflüsse erfasst werden, die auf den Entwicklungsverlauf dieser Kommentarwerke wirkten. Das Projekt möchte auf diese Weise herausfinden, ob ein theoretisches Rahmenkonzept entwickelt werden kann, welches die Fluktuationen in der Kommentierung eines bestimmten Werkes (sowie der Rezeption des Originaltextes) mit dem politischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen Umfeld der Zeit in Verbindung setzt.

Postdoc-Gruppe II

Wissens- und Methodentransfer in den islamischen Studien

Die selbstreflexive Auseinandersetzung mit dem historischen Kontext der Gegenwart setzt ihrerseits eine interdisziplinäre Öffnung des theologischen Wissens- und Methodensystems voraus. Die Erforschung der Wissens- und Methodenkonzepte in den islamischen Wissenschaften kann nur sinnvoll durch ihre interdisziplinäre Erschließung, durch die reflexive Begegnung mit außertheologischen Wissenschaftsdisziplinen und ihren Methoden ergänzt, aktualisiert, weiterentwickelt und schließlich gesellschaftsrelevant gemacht werden. Wenn Lösungen für aktuelle Problemlagen erwartet und dafür neue Ansätze entwickelt werden sollen, wird sich die Kontextualisierung von Methoden und Lehren des islamischen Denkens und der Theologie den gegenwärtigen und künftigen Herausforderungen im deutschen und europäischen Raum nicht verwehren können. Die interdisziplinäre Öffnung erfolgt dabei anhand der Rezeption, Analyse und Diskussion soziopolitischer, interkultureller, interreligiöser, genderspezifischer, befreiungstheologischer, literaturwissenschaftlicher, medizin- und bioethischer Ansätze im Kontext wertpluraler und globaler Gesellschaften. Gerade diese Öffnung und interdisziplinäre Erschließung und Kompetenz bescheren schließlich der Theologie die Wissenschaftlichkeit nach gegenwärtigem Wissenschaftsverständnis, die ohne vorgegebene und vordefinierte Ergebnisse operieren und Korrekturen ihrer bisherigen Befunde zulassen muss.
Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine fundierte Theorie islamischer Sozialethik für die praxisbezogene islamische Theologie zur Arbeit mit einer muslimischen Klientel im sozialen Handlungsfeld bereitzustellen, die den wissenschaftlichen und internationalen Standards Rechnung trägt. Die wissenschaftliche Analyse greift dabei auf die Kerndisziplinen der islamischen Theologie und auf die Sozialarbeitswissenschaften zurück. Für das Forschungsvorhaben bedeutet dies, dass neben der theologischen Grundierung einer Sozialethik in Auseinandersetzung mit Kerndisziplinen der islamischen Theologie im ersten Schritt, im zweiten Schritt auch das Anwendungsfeld erforscht und bestimmt werden muss, das eine ethische Betrachtungsweise des sozialen Bereiches mit den Realitäten menschlichen Lebens verbindet, weshalb ebenso die Sozialarbeitswissenschaft mit ihren Theorien und Methoden von elementarer Bedeutung ist. Theologische und fachliche Kenntnisse sollen dort auf die spezifischen Bedürfnisse von Musliminnen und Muslimen im europäischen Kontext bezogen werden.

Das von Ertuğrul Şahin durchgeführte Forschungsprojekt befasst sich mit der islamtheologischen Legitimation der politischen Herrschaft und ist der Subdisziplin der Politischen Theologie zuzuordnen. Das Erkenntnisinteresse folgt der auf politischen Systemvergleichen beruhenden vielfachen Konstatierung, dass die islamische Welt trotz der langen diskursiven und faktischen Vorgeschichte keinen demokratischen Legitimationsmechanismus der politischen Macht- und Herrschaftsstrukturen westlicher Standards etablieren konnte. Das Hauptaugenmerk liegt auf der vergleichenden Analyse islamtheologischer und demokratietheoretischer Begründungen einer legitimen Herrschaft von Beginn der Reformbewegungen im 19. Jh. bis zur Gegenwart. Um die normativen Grundlagen, argumentative Vielfalt und prozessuale Wandlungsdynamik islamtheologischer Positionen epistemologisch nachvollziehbar auffangen und klassifizieren zu können, werden bestehende Kategorien der politischen Legitimation herangezogen und gegebenenfalls neu entworfene Typologien angestrebt. Hierbei wird von der Feststellung ausgegangen, dass solche vorfindlichen Klassifikationen wie Theokratie vs. Demokratie, Traditionalisten vs. Reformer, Islamismus vs. Säkularismus oder politischer vs. spiritueller Islam der Vielschichtigkeit der Begründungen nicht gerecht werden und kaum von analytischem Nutzen sind. Ein abschließendes Erkenntnisinteresse gilt der Wechselwirkung zwischen Normativität und Faktizität und daher dem Wandel der Argumente. Es wird danach gefragt, wie sich der Erfahrungshorizont historischer Faktizität auf die normativen Begründungen in Legitimationskonzepten auswirkt.


Postdoc-Programm 2016-2020 (BMBF-Förderung)


Postdoc-Gruppe I

Rekonstruktion der Oralität und Auralität des Korans

Ziel der Postdoc-Gruppe „Rekonstruktion der Oralität und Auralität des Korans“ ist es, historische Begebenheiten der formativen Phase des Islams und das kulturelle, religiöse, soziale und sprachliche Umfeld des Korans während seiner Verkündung, seiner Textzusammenstellung und Kanonisierung nachzuzeichnen. Die Erschließung und Einbindung der Inter- und Intratexte des Korans unter besonderer Berücksichtigung des frühislamischen Schrifttums kann dabei einen Beitrag sowohl für die Theorie der Koranhermeneutik als auch für die Praxis der Koranexegese leisten. Hieraus ergibt sich auch eine Anschlussfähigkeit systematischer islamtheologischer Fragestellungen.

Das Projekt analysiert  Lesarten und Lesartentypen des Korans im Hinblick auf ihren Entstehungskontext. Wie viele andere Texte kennt auch der Koran keine einheitliche Textgestalt. Anders jedoch, als dies etwa bei der Bibel der Fall ist, werden viele der attestierten Varianten aus der traditionel­len islamisch-theologischen Perspektive als Teil einer göttlich intendierten und so geoffenbarten Varianz gedeutet, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen. Ziel des Projektes ist es, anhand eines ausgewählten Teilkorpus des Korans die attestierten Lesar­ten systematisch zu untersuchen und nach ihren typologischen Merkmalen zu klassifizieren. Da­bei steht neben den genauen typologischen Eigenschaften der jeweiligen Lesart vor allem die Iden­tität der „Leser“, denen die jeweilige Lesart zugeschrieben wird, im Mittelpunkt der Untersu­chung. Grundlage für die Forschung sind neben den verschiedenen Enzyklopädien attestierter Lesarten vor allem Korankommentare und die Fachliteratur des ästhetischen Koranvortrags (taǧwīd). Die verschiedenen Angaben, Bewertungen und Beschreibungen werden in einer Datenbank erfasst. Die Zusammenschau der Daten soll dabei Interdependenzen aufdecken, die u.a. zwischen Lesern bzw. ihren Umfeldern, chronologischen Zuordnungen der jeweiligen Textstellen sowie bestimmten Lesartentypen be­stehen.

Bereits in den frühesten Werken (8.-10. Jh. n. Chr.) islamischer Wissenszweige wie Sīra/Maġāzī, Tafsīr, Ḥadīṯ, Kalām oder Fiqh finden sich Ḥadīṯe, die Muḥammad übernatürliche Eigenschaften zuschreiben. Sie handeln beispielsweise davon, dass Ṃuḥammad schon als Kleinkind von einer Wolke begleitet wurde, er Wasser aus seinen Fingern sprudeln ließ, sein Speichel und Urin heilend wirkten u.a.m. Begleiterscheinungen dieser Metamorphose Muḥammads waren ab dem 10. Jh. n. Chr. innerhalb der islamischen Geistesgeschichte Dogmen wie die „Sündlosigkeit Muḥammads“. Damit konnte er gegen Schmähung oder Kritik immunisiert werden. In der Muḥammad-Biographie von Ibn Isḥāq (gest. 767) umfassen die besagten Ḥadīṯe eine überschaubare Menge und sind im gesamten Werk verstreut. Ibn Saʿd (gest. 845) hingegen widmete derartigen Ḥadīṯen teilweise schon separate Titel. Zu den ersten separaten Ḥadīṯsammlungen mit dieser Thematik gehört das Werk Dalāʾil an-nubuwwa von al-Firyabī (gest. 913). Bereits aus diesen wenigen Beispielen gehen drei wichtige Ergebnisse hervor: a) diese Ḥadīṯe stehen in deutlichem Widerspruch zum Koran; b) die Kapitelnamen besagen, dass es in diesen Ḥadīṯen vor allem um den Beweis geht, dass Muḥammad wirklich ein Prophet ist; c) je größer der Abstand zu Muḥammads Lebzeiten wird, umso größer wird die Zahl derartiger Ḥadīṯe. Der Verbreitungsgrad solcher Überlieferungen ist hoch: Sie werden in Predigten, zu religiösen Feierlichkeiten oder in Sufi-Orden nach wie vor weiter tradiert. Ziel des Projekts ist es, Ḥadīṯe, die Muḥammad übernatürliche Eigenschaften und Kräfte zuschreiben, systematisch zu untersuchen. Dabei werden neben den Inhalten zunächst die Fragen im Mittelpunkt stehen, wer die Urheber und Träger dieser Ḥadīṯe waren und wo und in welchen Zeitspannen sie entstanden sind.

Ausgehend vom literaturtheoretischen Ansatz der Dialogizität soll der Charakter des Korans als eine dialogische göttliche Rede in der Geschichte rekonstruiert werden. Dazu wird die Struktur der koranischen Rede in Hinblick auf ihre verschiedenen Sprecher- und Adressatengruppen hin analysiert. Die Ergebnisse der exegetischen Arbeit sollen dazu dienen, das traditionelle muslimische Verständnis der „Herabsendung“ des Korans neu zu denken. Damit ist die Arbeit an der Schnittstelle von Literaturwissenschaften, Koranexegese und systematischer Theologie angelegt. Die dialogischen Elemente im Text lassen auf mehrere Strukturaspekte schließen: Die göttliche Rede in ihrem geschichtlichen Kontext basiert in großen Teilen auf den – oftmals situativ bedingten – Verstehensvoraussetzungen ihrer verschiedenen Hörer und Adressaten. Der polyphone Charakter des Korans als ein in mehrfacher Hinsicht mündlich gestalteter Text wirft zudem Fragen zum klassischen Konzept der Herabsendung in der sunnitischen Tradition auf. In der koranwissenschaftlichen Literatur bewegt sich der Offenbarungsbegriff im Spannungsfeld von koranischer Kanonizität und geschichtlicher Bedingtheit. Frage-Antwort-Muster wie yasʾalūnaka-qul deuten auf die geschichtlich-situative Bedingtheit der einzelnen Offenbarungseinheiten hin. Dies lässt sich etwa auch aus dem Überlieferungsmaterial zu den „Anlässen der Offenbarung“ und ihrer Korrespondenz mit dem Text entnehmen. Die exegetische Analyse soll in eine hermeneutische Reflexion münden: Wie kann das Konzept von der „Herabsendung“ von Offenbarungseinheiten aus der himmlischen „Wohlverwahrten Tafel“ neu gedacht werden? Sind die dialogischen Redemuster weiterhin in Spannung zur Präexistenzlehre zu werten, oder lässt sich diese Spannung hermeneutisch auflösen?

Postdoc-Gruppe II

Korrelationalität zwischen Diskurs und Handlungsorientierung in islamischen Wissensfeldern

Die zweite Postdoc-Gruppe setzt unter dem Titel „Korrelationalität zwischen Diskurs und Handlungsorientierung in islamischen Wissensfeldern“ den bereits in der ersten Förderphase entwickelten interdisziplinären Zugang zu den Islamischen Studien fort. Die Gruppe  untersucht in einer Kombination aus diskursanalytischen und anwendungsorientierten Zugängen die Relationen zwischen diskursiven Mechanismen und  daraus resultierenden Realisierungen des islamischen Wissens. Hierzu gehört auch die Analyse von kontextuellen Bedingungen und diskursiven Rahmungen von Prozessen wie dem „Wissenstransfer“ und der „Aktualisierung von Traditionen“, die als Leitkonzepte die Forschungsgruppen in der ersten Förderphase maßgeblich bestimmt hatten.
Das Forschungsvorhaben widmet sich dem Ansatz Ibn Rušds zum Theodizeeproblem und damit der theologischen Dimension im Werk des berühmten andalusischen Philosophen, der bis dato zu wenig Beachtung geschenkt wurde. Die Forschung zu Ibn Rušd soll mit einer  erweiterten Perspektive durchgeführt werden, indem seine philosophischen Werke von der Warte der Theologie heraus gelesen werden und auch er selber grundsätzlich als ein mutakallim begriffen wird. Ein systematisch-analytischer Ansatz zu Ibn Rušds Theorien zur Theodizee-Problematik darf sich jedoch nicht mit der Sichtung seiner eindeutig theologischen Schriften wie des Faṣl al-Maqāl (Maßgebliche Abhandlung) begnügen, sondern muss die dort getroffenen Aussagen auf seine philosophischen Werke, seine Metaphysik, Ontologie, seine Naturphilosophie und seine Rechtsphilosophie übertragen und auf systematische Totalität hin überprüfen.
Die aus der Begegnung der arabisch-muslimischen Welt mit Europa resultierenden Prozesse der Aneignung und Abgrenzung in Kultur, Religion, Recht und Gesellschaft finden in Tunesien die breiteste Entfaltung, und hier lässt sich am deutlichsten beobachten, wie sich religiöse, politische und gesellschaftliche Faktoren gegenseitig bedingen, durchdringen und zusammenwirken. Es ist daher kein Wunder, dass sich gerade in Tunesien eine neue reformistische Denkrichtung herauskristallisiert, die bestrebt ist, durch Aneignung textkritischer und sozialwissenschaftlicher Methodik, die islamische Frühgeschichte, den Koran und die Sunna zu untersuchen und damit einen Weg in die islamische Moderne zu zeichnen. Dieser durch die kulturellen Besonderheiten des Landes bestimmte Reformpfad wird sehr kontrovers diskutiert. Die Bewertungen dieses „Experiments“ und „Amalgams“ aus „europäischer“ Methodik und islamischem Untersuchungsstoff gehen weit auseinander. Zentral für das Projekt ist die Untersuchung der Rezeption tunesischer Reformer wie Mohamed Talbi, Mohamed Charfi, Abdelmajid Charfi und Hichem Djaït und inbesondere der neuen Auslegungen grundlegender historischer Texte zur frühislamischen Geschichte. Dabei ist der Reformdiskurs in Tunesien stark mit der Identitätsfrage verknüpft. Außer den üblichen Vorwürfen der „Verunsicherung der Gläubigen“ wird den Reformern vorgeworfen, dass sie an der Religion als identitätsstiftende Grundlage rüttelten.

Ziel des Forschungsvorhabens ist es, eine fundierte Theorie islamischer Sozialethik für die praxisbezogene islamische Theologie zur Arbeit mit einer muslimischen Klientel im sozialen Handlungsfeld bereitzustellen. Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Analyse soll insbesondere auf die Kerndisziplinen der islamischen Theologie und der Sozialarbeitswissenschaften gelegt werden. Für die Theoriebildung einer Sozialen Arbeit im islamischen Kontext sind insbesondere vier Bereiche von Bedeutung: a) die hermeneutische und ethische Dimension einer islamisch-theologischen Theorie der Sozialethik im religiös-pluralen zivilgesellschaftlichen Kontext; b) die Theorien und Methoden der Sozialarbeitswissenschaft; c) die Ergebnisse der Bezugswissenschaften wie  Pädagogik, Soziologie und Psychologie; d) rechtliche, sozialpolitische und institutionelle Fragen. Die Forschungsergebnisse werden bei Aufbau eines geplanten Studienschwerpunktes „Islam im sozialen Feld“ Anwendung finden.


Mercator GraKo

Mercator-Graduiertenkolleg „Islamische Theologie“


In Deutschland liegt der Anteil der muslimischen Bevölkerung mittlerweile bei fünf Prozent. Es besteht ein breiter Konsens in Politik und Gesellschaft, dass eine angemessene Repräsentation von Muslimen auch in Schule und Hochschule erreicht werden soll. Dazu fördert die Bundesregierung seit 2010 die Einrichtung von Zentren für Islamische Studien an ausgewählten Universitäten in Deutschland.


Um wissenschaftlichen Nachwuchs für diesen Bereich auszubilden, hat die Stiftung Mercator gemeinsam mit sechs Universitäten ein Graduiertenkolleg für Islamische Theologie gegründet. Die Stiftung stellt dafür für den Zeitraum von 2011 bis 2016  3,6 Millionen Euro zur Verfügung. Damit sollen in Deutschland Nachwuchswissenschaftler in der Islamischen Theologie ausgebildet werden. Mittelfristig soll das Kolleg zu einer angemessenen Repräsentation muslimischer Stimmen in Wissenschaft, Schule und Öffentlichkeit beitragen. Es schafft zudem die Voraussetzungen für die Ausbildung von Religionslehrern für islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen und für die Ausbildung von Imamen an Universitäten in Deutschland.

Ehemalige Kollegiaten am Institut:

  • Hureyre Kam
  • Serdar Kurnaz
  • Nimet Seker
  • Zeki Tuncel

dfg

Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“ (DFG-Förderung)

Formierungsprozesse der Reflexivität von Glaubenstraditionen in historischer und systematischer Analyse


Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat zum 1. April 2012 ein neues Graduiertenkolleg mit dem Titel „Theologie als Wissenschaft - Formierungsprozesse der Reflexivität von Glaubenstraditionen in historischer und systematischer Analyse“ eingerichtet. Das Kolleg wird von der Goethe-Universität als federführender Hochschule in Kooperation mit der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz getragen.

In einer weltoffenen und multireligiösen Stadt wie Frankfurt am Main ist es eine intellektuelle Herausforderung ersten Ranges, die unterschiedlichen religiösen Traditionen in einen fairen und offenen Diskurs einzubinden. Dies gelingt nur in dem Maße, in dem sich die unterschiedlichen Religionen in ein reflexives Verhältnis zu ihrer je eigenen Tradition setzen können. Hier liegt die angestammte Aufgabe akademischer Theologe, die deshalb gerade an einer modernen Universität im Kontext einer kosmopolitischen Bürgergesellschaft eine unverzichtbare Funktion erfüllt. Dass die Voraussetzungen für diese Aufgabe wissenschaftlicher Theologie an der Goethe-Universität auf herausragende Weise erfüllt sind, wurde nun durch die DFG eindrucksvoll bestätigt.

Im neuen Graduiertenkolleg wird die Herausbildung und Begründung der Reflexivität von Glaubenstraditionen auf exemplarischen interreligiösen und religiös-säkularen Konfliktfeldern von der Spätantike bis zur Gegenwart erforscht. Dies geschieht interkonfessionell und interreligiös durch die Kooperation von Evangelischer, Katholischer, Jüdischer und Islamischer Theologie und unter Beteiligung nicht-theologischer Wissenschaften. In dieser deutschlandweit wohl einmaligen Konstellation will das Kolleg den Wissenschaftscharakters der Theologie(n) neu verständlich machen und speziell zur Etablierung von Islamischer Theologie im deutschen universitären Kontext beitragen.

Ehemalige Kollegiaten am Institut:

  • Emine Kurum
  • Fatma Aydınlı
  • Mira Sievers
  • Mukadder Hendek
  • Wael Abbas

Pioniere des zeitgenössischen islamischen Denkens


Das weitgehend diffuse Islambild in Europa entsteht nicht zuletzt dadurch, dass auf der einen Seite die europäischen Muslime selbst keine ausreichenden Kenntnisse über die Geistes-, Theologie- und Entwicklungsgeschichte des Islam besitzen und auf der anderen Seite die Öffentlichkeit die progressiven Entwicklungen in der islamischen Welt nicht angemessen verfolgen kann. Genau an dieser Stelle hat das Institut mit dem Projekt „Pioniere des zeitgenössischen islamischen Denkens“ (in Kooperation mit dem Forschungszentrum für Religion und Gesellschaft) ihren Beitrag zur Versachlichung der Islamdebatte geleistet, indem sie 2008-2011 international renommierte Autoritäten der islamischen Theologie bzw. des islamischen Denkens als Gastprofessoren für jeweils ein Semester nach Frankfurt eingeladen hat. Es handelte sich hierbei um Persönlichkeiten wie Mehmed Said Hatiboğlu (Türkei) oder Hassan Hanafi (Ägypten), die das Islambild über die Grenzen ihrer Heimatländer hinweg entscheidend mitgeprägt haben und daher als Universalgelehrte des Islam bezeichnet werden können. Gemeinsam ist diesen Gelehrten, dass sie den Koran und die Sunna als Primärquellen betrachtend die islamische Geistes- und Kulturgeschichte mit ihrer Vielfalt als eine Ganzheit kritisch auszuwerten vermögen.

Pionier V: Prof. Dr. Saim Yeprem

Wintersemester 2010/11 Lehrveranstaltungen:

V Uṣūl: Quellen- und Methodenlehre der Islamischen Theologie

S Kalām: Einführung in die rationale Theologie


Pionier IV: Dr. habil. Mehmet Sait Recber

Sommersemester 2010 Lehrveranstaltungen:

Islamic Philosophical Theology

Pionier III: Prof. Dr. Ibrahim Kafi Dönmez

Wintersemester 2009/10 Lehrveranstaltungen:

V Fiqh: Islamisches Rech

V Uṣūl: Quellen- und Methodenlehre der Islamischen Theologie


Pionier II: Prof. Dr. Hassan Hanafi

Sommersemester 2009 Lehrveranstaltungen:

Tradition und Innovation in islamischen Wissenschaften

Von Orientalismus zu Okzidentalismus


Pionier I: Prof. Dr. Mehmed Said Hatiboğlu

Wintersemester 2008/9 Lehrveranstaltungen:

Der methodische Umgang mit den Literaturgattungen der Hadithwissenschaft

Innerislamische Hadithkritik von den Anfängen des Islam bis zur Gegenwart


Hermeneutik und Ethik der Interpretation Heiliger Schriften


Juden, Christen und Muslime beziehen sich in ihren Glaubensaussagen, religiösen Praktiken und ethischen Überzeugungen auf ihnen als heilig geltende Schriften. Für den interreligiösen Dialog scheint das zunächst ein günstiger Ausgangspunkt zu sein: Tanach, Bibel und Koran hängen nicht nur genealogisch eng zusammen, sondern stellen als richtungweisende, autoritative Texte vor das  gemeinsame Problem, diese Schriften für die jeweilige Gegenwart und kulturelle Situation immer wieder neu interpretieren zu müssen.

Bei näherer Betrachtung gibt diese Gemeinsamkeit aber auch erheblichen Anlass zu Missverständnissen. So verdeckt die Rede von den drei „Buchreligionen“ die markanten Unterschiede der jeweiligen Funktion und des Grundverständnisses der Heiligen Schriften als solche.

Das Forschungsprojekt macht es sich angesichts dieser Problemlage zunächst zur Aufgabe, die religiöse und theologische Funktion und das damit zusammenhängende Grundverständnis der jeweiligen Heiligen Schrift als solche zu formulieren. Dabei soll berücksichtigt werden, dass es auch innerhalb der jeweiligen Religion erhebliche Differenzen nicht nur über das Verständnis einzelner Texte, sondern auch der eigenen Heiligen Schrift bzw. Schriften als solche gibt.

Sodann soll mittels der formalen Theorie kategorialer Semiotik (Theorie der Zeichen und Zeichenprozesse) im Anschluss an Charles Sanders Peirce der Versuch unternommen werden, die gemeinsamen semiotischen Grundbedingungen jeglichen Verstehens mit Blick auf die Unhintergehbarkeit der Interpretation Heiliger Schriften zu formulieren. Schließlich sollen daraus Grundlagen einer interreligiösen Ethik der Interpretation Heiliger Schriften entwickelt werden, die sowohl den allgemeinen semiotischen Bedingungen jeder Zeichenverwendung, als auch den spezifischen religiösen und hermeneutischen Traditionen Rechnung tragend Kriterien für die je eigene Interpretation und für den Umgang mit der Interpretation anderer erstellt.

Ziel des Forschungsprojektes ist es, mit Hilfe einer differenzierenden Hermeneutik und Ethik der Interpretation Heiliger Schriften den interreligiösen Dialog der drei monotheistischen Weltreligionen auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen und damit einen Beitrag zu einer friedlichen Streitkultur eines qualifizierten Pluralismus zu leisten. Das illusorische Ideal einer universalen Menschheitsreligion, in der die Unterschiede der Religionen nachgeordneten Charakter hätten, wird abgelehnt. Vielmehr setzt das Projekt auf einen Dialog der Verschiedenen, die ihre Überzeugungen und Wahrheitsansprüche offen und argumentativ in den Dialog einbringen. Die ethische Minimalanforderung für dieses Dialog ist es, dem anderen dieselbe Aufrichtigkeit der Wahrheitssuche bzw. der Suche nach dem Guten zuzugestehen, wie sie für sich selbst in Anspruch genommen wird. Das Gelingen eines solchen Dialoges führte nicht zu einer synkretistischen Einheitsreligion, sondern zu einer Lerngemeinschaft der Religionen, die ihre spezifischen Traditionen dialogisch in die Weltgemeinschaft einzubringen in der Lage wären.

Veranstalter: 

  • Prof. Dr. Francesca Yardenit Albertini
  • Prof. Dr. Stefan Alkier
  • Prof. Dr. Ömer Özsoy