Der Posidonienschiefer (Toarcium, Unterer Jura) von Dotternhausen

Der geologische Rahmen

Im Toarcium vor 185 Millionen Jahren bestand noch der Superkontinent Pangaea, in dem alle Kontinente zu einer großen Landmasse vereint waren. 

 


Der Europäische Archipel zwischen Laurentia (Nordamerika und Grönland), Baltika und Afrika bestand aus vielen Inseln bzw. Kleinkontinenten, die aus einem relativ flachen Schelfmeer herausragten. In Mittel- und Westeuropa waren zwischen den Inseln tiefere Becken entwickelt, in denen es zur Ablagerung von tonigem Schlamm mit viel organischem Material kam. Aus diesem Schlamm bildeten sich die Gesteine des Posidonienschiefers.

 

Sedimentologie und Geochemie des Posidonienschiefers


Der Posidonienschiefer besteht aus vier Komponenten: Als Siliziklastika bezeichnet man den feinen Abtragungsschutt von den Festländern. Kalk und organische Substanz stammen im wesentlichen vom Phytoplankton, die organische Substanz zum Teil auch von Bakterien. Winzige Kalkgehäuse und organische Zell-reste sanken zum Meeresboden und gelangten in das Sediment. Pyrit entsteht bei der Zersetzung der organischen Substanz bei Abwesenheit von Sauerstoff. Die Gehalte der vier Komponenten wurden im Zentimeterabstand gemessen. Aus dem Wechsel in der Zusammensetzung können wichtige Rückschlüsse auf die Ablagerungsbedingungen gezogen werden. 

 


Verteilung von Karbonat, org. Kohlenstoff und Schwefel im Posidonienschiefer

 


Durch die Zirkulation des Wassers werden die Meere durchmischt und Sauerstoff ist bis in große Tiefen verfügbar (oxischer Lebensraum). Bei schwacher Zirkulation werden die tieferen Wasserschichten nicht mehr durchmischt. Der Wasserkörper bildet eine stabile Dichteschichtung mit einem anoxischen Lebensraum (ohne Sauerstoff) im Tiefenwasser aus. Nicht nur die Lebensbedingungen, sondern auch der chemische Kreislauf von Kalk, organischer Substanz und Schwefel ist in beiden Lebensräumen deutlich unterschiedlich.

 


Primärproduktion und Wasserdurchmischung haben Einfluß auf die Sauerstoffwerte am und im Meeresboden und damit auf die Besiedlung. Hohe Sauerstoffwerte erlauben reiches Bodenleben mit vielen tiefgrabenden Formen. Bei niedrigen Sauerstoffwerten wandert die Redox-Grenze nahe an die Sedimentoberfläche und schränkt den Lebens-raum und die Lebensmöglichkeiten deutlich ein. Ist der Sauerstoff völlig verbraucht, wandert die Redoxgrenze in die Wassersäule. Bodenleben ist mit Ausnahme von Bakterien nicht mehr möglich. Die jahres-zeitlichen Produktionsschwankungen im Phytoplankton ziehen jahreszeit-liche Schwankungen der Redox-Grenze nach sich.

 


Im Posidonienschiefer können sieben verschiedene Sauerstoffniveaus zwischen langfristig anoxisch (1) und langfristig oxisch (7) unterschieden werden.

 


Die sieben Sauerstoffniveaus lassen sich für den Posidonienschiefer als zeitlicher Verlauf der Sauerstoffverhältnisse darstellen. Es wird deutlich, daß der Sauerstoffgehalt und die Lebensbedingungen am Meeresboden im Posidonienschiefer starken Schwankungen unterworfen waren.


Durch den jahreszeitlichen Wechsel im Windregime wird das Klima in Mitteleuropa im Sommer von einem feuchten Südwest-Monsun (oben), im Winter von einem trockenen Nordost-Passat (unten) bestimmt.

 


Isotopenuntersuchungen im Posidonienschiefer zeigen für Kohlenstoff  (organischer Kohlenstoff braune Kurve, Kalk rote Kurve) eine Abhängigkeit vom Meeresspiegel (blaue Kurve). Die Höhe des Meeresspiegels regelt den Wasseraustausch zu den Nachbarmeeren, vor allem zum Tethyschen Ozean im Süden. Bei hohem Meeresspiegel kann viel, bei niedrigem kaum Wasser ausgetauscht werden. Die Sauerstoffisotopie wird normalerweise zur Wassertemperaturbestimmung verwendet (grüne Kurve). Die Werte liegen aber mit etwa 40 °C viel zu hoch und zeigen, daß der Salzgehalt des Wassers geringer als im offenen Ozean war. Temperatur und Salzgehalt des Posidonienschiefer-Meeres können also nur näherungsweise bestimmt werden.

 


Ablagerungsmodell: Durch den jahreszeitlichen Wechsel von Monsun-Regen im Sommer und Trockenheit mit hoher Verdunstungsrate im Winter änderte sich auch die Zirkulation im Posidonienschiefer-Meer. Während der Monsunregenzeit bildete sich eine Schichtung aus mit leichterem Oberflächenwasser niedriger Salinität und schwererem Wasser erhöhter Salinität, die durch die Zirkulation nicht mehr vermischt wurde. In der Folge bildeten sich am Meeresboden anoxische Verhältnisse. Trockenheit mit hoher Verdunstung während der Wintermonate führte zum Absinken des Oberflächen-wassers. Dadurch gelangte wieder Sauerstoff zum Meeresboden (A und B). Die Erneuerung des Sauerstoffgehaltes im Bodenwasser während der Wintermonate funktionierte aber nur bei ausreichendem Wasseraustausch mit dem Tethysozean während eines hohen Meeresspiegelstandes. Bei niedrigem Meeresspiegelstand war der Wasseraustausch zu gering. Die Wasserschichtung blieb ganzjährig bestehen und führte zu langfristig anoxischen Bedingungen in den tieferen Bereichen des Posidonienschiefer-Beckens (C und D).