1. Die Baltistik gehört zu den sogenannten kleinen Fächern. Bitte
stellen Sie uns Ihr Fach in wenigen Sätzen vor.
Die Baltistik befasst sich mit den baltischen Sprachen und
Kulturen. Zum baltischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie gehören die heute erhaltenen Sprachen Litauisch und Lettisch sowie
die ausgestorbenen Sprachen
Altpreußisch, Kurisch, Semgallisch, Selisch (anders Selonisch), Galindisch und
Jatwingisch. Heute gibt es ca. 3,1 Millionen
Sprecher des Litauischen und ca. 1,5 Millionen Sprecher des Lettischen. Das Litauische gilt nicht nur als die dem Urbaltischen ähnlichste
baltische Sprache. In der Phonologie und Morphologie der Substantive ist das
Litauische konservativer als andere lebendige indogermanische Sprachen. Andererseits jedoch gehören das Litauische und das Lettische zu den
jüngsten Schriftsprachen Europas.
2. Was zeichnet Ihr Fach (oder Baltistik) am Standort Frankfurt
besonders aus?
Als „Lieblingskind“ der Indogermanistik wird vor allem das Litauische
seit über zwei Jahrhunderten in Deutschland erforscht und gelehrt.
Am Standort Frankfurt am Main ist die Baltistik in den Studiengang Empirische Sprachwissenschaft
integriert. Dadurch ergibt sich eine einzigartige Möglichkeit, die Baltistik
mit der Indogermanistik und der Allgemeinen Vergleichenden Sprachwissenschaft
zu verzahnen. Darüber hinaus versteht sich die Frankfurter Baltistik als ein
Teil der trinationalen deutsch-italienisch-litauischen Fachkooperation zwischen
den Universitäten Frankfurt, Pisa und Vilnius.
3. Womit beschäftigen Sie sich aktuell in Ihrer Forschung?
Im Fokus der baltischen
Sprachwissenschaft in Frankfurt steht die Grammatik des Altlitauischen (16.–17.
Jh.) und die Erstellung eines Referenzcorpus der altlitauischen Texte.
Die Frankfurter Baltistik kooperiert eng mit dem von der Universität
Vilnius durchgeführten Projekt „Förderung der Zusammenarbeit zwischen Baltistikzentren
im Ausland und wissenschaftlichen Institutionen und Hochschulen in Litauen“.
Dieses Projekt macht es möglich, einen langfristigen Litauischunterricht (das
C1 Niveau nach der Sprachniveau-Globalskala kann erreicht werden) in Frankfurt
zu sichern. Das Projekt bietet Studierenden die Möglichkeit, einen akademischen
Aufenthalt (Intensivkurse, Sommerkurse oder dialektologische Feldpraktika) an
einer litauischen Universität zu absolvieren.
4.
Was erwartet diejenigen, die sich für ein Studium der Baltistik entscheiden?
Das Studium der Empirischen Sprachwissenschaft mit dem Schwerpunkt Baltische Sprachwissenschaft bietet
neben einem allgemeinen sprachwissenschaftlichen Teil eine Einführung in die
baltischen Sprachen, vertiefende Lehrveranstaltungen zu einzelnen Sprachen
(Litauisch und insbesondere Altlitauisch; Altpreußisch und Lettisch) sowie zu
sprachübergreifenden Phänomenen. Eine enge Kooperation mit den Universitäten
Vilnius und Pisa bietet den Studierenden zahlreiche Möglichkeiten, einen Teil des
Studiums in Litauen wie Italien zu absolvieren und an gemeinsamen
wissenschaftlichen Vorhaben teilzunehmen.
5.
Nennen Sie uns drei Gründe, warum es aus Ihrer Sicht eine gute Entscheidung ist,
Baltistik zu studieren.
- Baltistik ist ein kleines und exklusives
Fach, das für die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft enorm wichtig ist.
- Baltistik umfasst die
Sprachen, die im geographischen Zentrum Europas (etwas nördlich von Vilnius, 1989
vom französischen Institut national de l'information géographique et forestière errechnet) gesprochen werden sowie
ein integraler Bestandteil des europäischen Kulturgutes waren und sind.
- Baltistik befasst sich mit dem
baltischen Sprachraum, der seit acht Jahrhunderten in kultureller Wechselwirkung mit
Deutschland steht. Z. B. hat der baltische Stamm Preußen ihren Namen einem
beträchtlichen Teil Deutschlands vererbt (zuerst ab 1525 als
Herzogtum Preußen und später ab 1701 als Königreich Preußen).