2015/2016 globale Gerechtigkeit

180. Vereinsjahr

Arm und Reich - geographische Perspektiven zur globalen Gerechtigkeit

28.10.2015 Prof. Dr. Annika Mattissek (Universität Freiburg)
Ökologischer Imperialismus in Zeiten des globalen Klimawandels?

Der globale Klimawandel stellt eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunft der Menschheit dar. Dabei sind sowohl die Ursachen, als auch die Auswirkungen des Klimawandels sehr unterschiedlich verteilt, in vielen Fällen von historisch gewachsenen Machtverhältnissen geprägt und untrennbar mit globalen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen verknüpft. Der Vortrag behandelt diese Problematik anhand von zwei Aspekten: erstens der Kontrolle über Umweltgüter und zweitens der Oktroyierung von Umweltregulationen in Ländern des „globalen Südens“. Dabei geht er insbesondere der Frage nach, inwieweit sich bestehende Machtverhältnisse im Kontext des globalen Klimawandels zwischen Europa, den USA und anderen Industrieländern einerseits und Ländern des „globalen Südens“ andererseits als Form des „ökologischen Imperialismus“ beschreiben lassen. 


11.11.2015 Prof. Dr. Detlef Müller-Mahn (Universität Bonn)
Afrika im Aufbruch? - Von Wirtschaftswundern und anderen Entwicklungsmythen

Noch vor kurzem galt Afrika primär als der Kontinent der Kriege und Katastrophen, als exotisches Reiseziel, oder romantische Naturkulisse für Hollywoodfilme. Doch der aktuelle Umbruch schafft in vielen Bereichen neue Bedingungen. Heute gehören die wirtschaftlichen Wachstumsraten vieler afrikanischer Länder zu den höchsten der Welt. Der globale Rohstoffhunger, massive ausländische Investitionen in Bergbau- und Agrarprojekte, und das Auftreten neuer Akteure aus China und Indien sorgen für einen rasanten Wandel und ein zunehmendes Selbstbewusstsein in afrikanischen Regierungskreisen. Viele Menschen insbesondere in den wachsenden urbanen Mittelschichten hoffen auf einen Wachstumsschub und eine Steigerung des Wohlstands. Sie sehen ihre Länder als „Löwen vor dem Sprung“ nach dem Vorbild der „Kleinen Tiger“ in Südostasien in den vergangenen Jahrzehnten. Auch in der internationalen Zusammenarbeit ist dieser Perspektivenwechsel zu beobachten: weg von den Risiken, hin zu den Chancen. Aber wie realistisch sind diese Vorstellungen? Und für wen? Vor diesem Hintergrund befasst sich der Vortrag mit den (Trug-) Bildern der Entwicklung in Afrika.


25.11.2015 Prof. Dr. Petra Döll (Universität Frankfurt)
Wasserressourcen, Klimawandel und Gerechtigkeit:
Eine Annäherung aus physisch-geographischer Perspektive

Die Süßwasserressourcen der Erde sind begrenzt und knapp. Insbesondere in semiariden und ariden Regionen stellt sich zunehmend die Frage, wer das Verfügungsrecht über das Wasser hat, wem das Wasser „gehört“. Ein aktuelles Beispiel ist das Nileinzugsgebiet, wo Ägypten um seine in Kolonialzeiten garantierten Wasserzuflüsse aus dem oberliegenden Äthiopien fürchtet, das „seine“ Wasserressourcen nun auch nutzen möchte. Im Hinblick auf den Umgang mit dem menschgemachten Klimawandel stellt sich die Frage, wieviel Treibhausgase jedes Land in Zukunft noch ausstoßen darf und welche Länder wieviel zur Unterstützung für die Anpassung an den Klimawandel in anderen Ländern zahlen sollten. Die internationalen Klimaverhandlungen in Paris Ende dieses Jahres werden auf dem Hintergrund dieser Fragen der Klimagerechtigkeit geführt werden. Die Hydrologin Prof. Petra Döll, die sich u.a. als Leitautorin des Weltklimarats mit den Auswirkungen des Klimawandels befasst, wird sich dem Aspekt Gerechtigkeit in den Themenfeldern Wasserressourcen und Klimawandel aus physisch-geographischer Sicht nähern, wobei sie sich insbesondere auf quantitative Größen und die Visualisierung durch Karten stützt.


09.12.2015 Prof. Dr. Ulrich Scholz (Universität Gießen)
Mensch und Umwelt auf Java - Überlebensstrategien in einem übervölkerten Agrarraum

Die indonesische Insel Java gehört zu den am dichtesten besiedelten Agrarräumen der Welt. Die Bevölkerungsdichte übertrifft mit fast 1200 Einwohnern/qkm diejenige Deutschlands um mehr als das Fünffache. Knapp die Hälfte der Bevölkerung lebt zumindest zum Teil noch von der Landwirtschaft. Wegen drastischer Landverknappung drohten bereits in den 60er Jahren Verelendung und Hungerkatastrophen.  Entgegen den Erwartungen der meisten Entwicklungsexperten  gelang es den meisten Bewohnern jedoch, ihre Lebenssituation in den letzten 50 Jahren deutlich zu verbessern.

Wie sie das geschafft haben, ist Thema dieses Vortrags. Als unterstützende Entwicklungsschübe  und Möglichkeiten der Einkommenssteigerung erwiesen sich u.a. die Intensivierung des Reisanbaus („Grüne Revolution“), die Umsiedlungsprojekte auf Indonesiens Außeninseln („Transmigrasi“), die zunehmende Urbanisierung und Industrialisierung, sowie in jüngster Zeit der Ölpalmenboom auf Sumatra und Kalimantan (Borneo).


13.01.2016 Dr. Johannes Schlesinger (Universität Freiburg)
Städtische Landwirtschaft als Überlebenssicherungsstrategie im globalen Süden

Im Zeitalter schnellen Städtewachstums gewinnt urbane und periurbane Landwirtschaft als Überlebenssicherungsstrategie für Millionen von Stadtbewohnern im globalen Süden zunehmend an Bedeutung. Insbesondere in kleinen und mittelgroßen Städten stellen landwirtschaftlich genutzte Flächen einen integralen Bestandteil des städtischen Raumes dar. Doch wer sind die städtischen Bauern? Und wo ist in dicht besiedelten Städten überhaupt noch Platz für Landwirtschaft?

Der Vortrag beleuchtet an ausgewählten Beispielen die Komplexität dieses Phänomens und dessen Bedeutung für die Ernährungssituation in einer zunehmend urbanisierten Welt. Zudem wird aufgezeigt, wie das Thema mit modernen Methoden (z.B. Satellitenbildauswertung, Drohnenbefliegungen) untersucht werden kann.


27.01.2016 Prof. Dr. Marc Redepenning (Universität Bamberg)
Geographien der Gerechtigkeit und des Wohlbefindens

Fragen der Gerechtigkeit sind in den letzten Jahren, zeitgleich zum Entstehen neuer sozialer und räumlicher Ungleichheiten, wieder verstärkt in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Und sie finden auch in der Geographie mehr Gehör, nicht selten in direktem Anschluss an ältere Fragen Sozial- und Wohlfahrtsgeographie.

Der Vortrag will zunächst unterschiedliche Dimensionen von sozialer und räumlicher Ungleichheit ansprechen und aufzeigen, welche Verständnisse von (räumlicher) Gerechtigkeit auch für geographische Fragestellungen in Bezug auf konkrete empirische Problemlagen des Alltags von Relevanz sind.

In Anschluss daran werden, basierend auf empirischen Beispielen, geographische Zugänge zum Thema Wohlbefinden vorgestellt. Obwohl der Begriff wissenschaftlich schillernd und politisch überstrapaziert ist, bietet er ein Potenzial, um die Interessen der Geographie als multiperspektivische oder Querschnittsdisziplin zu bedienen.


03.02.2016 Prof. Dr. Hanns Buchholz (Universität Hannover)
Gerechtigkeit bei der Nutzung der Reichtümer der Meere

Der ursprünglich geplante Vortrag von Prof. Dr. Hanns Buchholz muss wegen Erkrankung des Referenten leider ausfallen.

Stattdessen spricht Prof. Dr. Jürgen Runge am 3. Februar.

03.02.2016

Prof. Dr. Jürgen Runge (Universität Frankfurt)
Arm und Reich – Bodenschätze und Bergbau in Afrika und die sozialökologischen Folgen

Die Verteilung der Ressourcen auf der Erde ist alles andere als gerecht und daher für die ungerechte Verteilung des Wohlstands auf der Erde mitverantwortlich.

Geologische Bodenschätze und natürliche Ressourcen wie Tropenholz und landwirtschaftliche Produkte eröffnen in Zentralafrika Perspektiven zu wirtschaftlicher Dynamik und Entwicklung. Dies hebt das Lebensniveau der Menschen und verringert die Armut. Soweit die Theorie: In der Praxis gibt es häufig keinen Zusammenhang zwischen Ressourcenreichtum und dem Wohlergehen einer Bevölkerung. Im Vortrag werden am Beispiel geographischer Forschungsprojekte in Zentralafrika vor allem Kennzeichen des professionellen und des informellen Bergbaus erläutert und diskutiert. Ein regionaler Schwerpunkt liegt auf der Zentralafrikanischen Republik, einer meerfernen Enklave und einem „fragilen“ Staat.

Der Referent war mehrere Jahre für ein internationales Rohstoff- und Governance-Projekt in sechs Staaten Zentralafrikas (CEMAC Währungs- und Wirtschaftszone) als Projektleiter tätig und berichtet aus interdisziplinärer Sicht über Stereotypen und Tatsachen zentralafrikanischer Problemlagen.


Weitere Informationen

Veranstaltungsort

Geänderter Vortragsort: Vorträge jetzt im Hörsaal H IV, 1. OG

Die Vorträge beginnen jeweils mittwochs um 18:15 Uhr im Hörsaal H IV, 1. OG, Campus Bockenheim, Mertonstraße 17-21, 60325 Frankfurt am Main.

Anfahrt

Das Hörsaalgebäude in der Mertonstraße ist zu Fuß von der Bockenheimer Warte zu erreichen (U-Bahn U4. U6, U7; Tram 16, Bus 32, 36, 50, 75; Haltestelle "Bockenheimer Warte").

Vom Campus Riedberg führt der kürzeste Weg mit der U-Bahn U9 bis Ginnheim und von dort mit der Tram 16 zur Bockenheimer Warte. Eine individuelle Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist mit der RMV-Fahrplanauskunft möglich

Im Umfeld des Campus Bockenheim (Bockenheim, Westend, Messe) sind nur begrenzt Parkplätze vorhanden.

Eintritt

Der Eintritt für Mitglieder der FGG ist frei

Nichtmitglieder zahlen 5,00 € — Schüler und Studenten 3,00 €.

max. zwei Schulklassen nach Anmeldung frei

Lehrerfortbildung

Alle Vorträge sind beim Hessischen Institut für Qualitätsentwicklung (IQ) als Lehrerfortbildung akkreditiert.