Anmerkungen zur gegenwärtigen Verfassung der Goethe-Universität vor dem Hintergrund abgeschlossener "Zielvereinbarungen" und laufender "Hochschulentwicklungsplanung"

Gunther Hellmann

(25. Juni 2011)

Die derzeit beobachtbaren Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse zur Zielvereinbarung der Goethe-Universität mit dem HMWK wie auch intern zur Hochschulentwicklungsplanung weisen gravierende Defizite auf. Senat und Universität als Ganzes sollten die in diesen Kommunikationsprozessen sichtbar werdenden Strukturprobleme der Universität zum Anlass nehmen, einen offenen Reflexionsprozess über die langfristige Ausrichtung der Goethe Universität als universitas zu beginnen, um Binnen- und Außenwahrnehmung wieder in eine stärkere Deckungsgleichheit zu bringen.

Die Goethe-Universität ist Anfang des Jahres vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst aufgefordert worden, einen neuen Hochschulentwicklungsplan (HEP) vorzulegen. Parallel sollte eine Zielvereinbarung mit dem Ministerium abgeschlossen werden. Ein erster Entwurf des von einer Senatskommission entwickelten HEP wurde dem Senat zu seiner Sitzung am 18. Mai 2011 für eine erste Lesung vorgelegt. Am 14. Juni wurde dem Senat und den Dekanaten eine überarbeitete 2. Fassung des HEP zugleitet, aufgrund der Kurzfristigkeit allerdings nicht, wie ursprünglich vorgesehen, in einer 2. Lesung im Senat behandelt. Nahezu gleichzeitig (am 15. Juni 2011) unterzeichneten das Präsidium der Goethe-Universität und das Ministerium eine neue Zielvereinbarung für den Zeitraum 2011-2015.

Hochschulentwicklungsplanung und Zielvereinbarungsgespräche standen unter einem sehr engen Zeitplan. Vom Gesetz her ist vorgesehen, dass "die Hochschulen (…) eigenverantwortlich ihre Entwicklungsplanung auf(stellen)" und das Ministerium "(z)ur Verwirklichung der Ziele der Entwicklungsplanung (…) mit den Hochschulen Zielvereinbarungen" abschließt (HHG §7 (2)). Diese rechtlich wie sachlich gebotene Abfolge – zunächst die Entwicklungsplanung abzuschließen um sodann im Lichte ihrer Ergebnisse die Zielvereinbarungsgespräche zu führen – wurde mit dem gewählten Vorgehen auf den Kopf gestellt. Hinzu kommt, dass die Einbindung des Senats in den Prozess von Hochschulentwicklungsplanung und Zielvereinbarungsabschluss de facto ausgehebelt wurde. Nach § 36 Abs. 2 HHG obliegt dem Senat die "Entscheidung über die Schwerpunkte in Lehre und Forschung im Einvernehmen mit dem Präsidium" (3) sowie die "Stellungnahme zur Entwicklungsplanung" (6) wie auch "zu den Zielvereinbarungen" (7). Die Grundordnung der Goethe-Universität sieht zudem eine "Zustimmung (des Senats) zur Entwicklungsplanung der Universität" vor (GO-JWG §2).

Die Verhandlungsebene HMWK und GU-Präsidium

Die konkrete Abfolge von Hochschulentwicklungsplanung und Zielvereinbarungsabschluss lässt vor diesem Hintergrund einen doppelten Zweifel an der Sinnhaftigkeit des gewählten Vorgehens aufkommen. Zum einen scheint das Ministerium wenig Rücksicht auf die "Autonomie" der Stiftungsuniversität und deren hochschulrechtlich geregelten Verfahren der Mitwirkung verschiedener Gremien zu nehmen. Denn einem Hinweis des Präsidenten in der Senatssitzung vom 15. Mai 2011 konnte man indirekt entnehmen, dass das HMWK eine frühere Entwurfsfassung des HEP (dem Senat wurde zu seiner Mai-Sitzung eine Fassung vom 9. März vorgelegt) wohl für ausreichend hielt, um die Zielvereinbarungsgespräche abzuschließen. Zum anderen schien aber auch das Präsidium wenig Interesse (bzw. bestenfalls eine begrenzte Durchsetzungsfähigkeit mobilisiert) zu haben, auch gegenüber einem möglicherweise fordernden Ministerium auf die im HHG sowie der GU-Grundordnung enthaltenen Mitwirkungsrechte des Senats zu verweisen und entweder vor Abschluss der Zielvereinbarung auf dessen Zustimmung zum Hochschulentwicklungsplan zu warten oder aber die Beratungsprozesse im Senat zu beschleunigen.

Wenn daher nun HMWK und GU-Präsidium die Zielvereinbarungsgespräche (für deren Ergebnis lediglich eine "Stellungnahme" des Senats gefordert ist) bereits abgeschlossen haben, in den kommenden Wochen aber auch noch ein Hochschulentwicklungsplan mit "Zustimmung" des Senats verabschiedet werden soll, stellt sich die Frage, welchen Wert dieser Plan noch haben kann. Dies gilt umso mehr deshalb, weil sich in der unter Ausschluss des Senats ausgehandelten Zielvereinbarung auch Aussagen über Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkte finden (# I.6.2.-3.), für die es in den entsprechenden Abschnitten des gegenwärtigen HEP-Entwurfs zum Teil keine vergleichbaren oder doch deutlich weniger konkrete Aussagen gibt. Dies gilt etwa für sog. "Goethe-Module" im Rahmen einer forschungsorientierten Lehre, zu denen sich in der Zielvereinbarung detailliertere Ausführungen finden als im HEP oder etwa für Aussagen zur "Gründung eines interdisziplinären Instituts für Integrationsforschung" in "Zusammenarbeit mit der HERTIE-Stiftung", das "Anfang 2012 seine Arbeit aufnehmen soll". Im HEP versteckt sich ein entsprechender Hinweis wohl hinter dem Begriff der "Migrations- und Integrationsforschung" (S. 6). Mit anderen Worten: in der Zielvereinbarung verpflichtet sich das Präsidium auf Zielsetzungen, die großen Teilen der GU noch gar nicht bekannt sind und auch in der aktuellen, parallel zur Zielvereinbarung erstellten Fassung des HEP nicht genauer angesprochen werden.

Sehr präzise äußert sich die Zielvereinbarung gleich zu Beginn dahingehend, dass sich "(d)ie GU verpflichtet, (…) weitere Studienplätze zu schaffen und die Zahl der Studienanfänger/innen bis 2015 um 4.300 zu erhöhen" (I.1). HMWK und GU-Präsidium "vereinbaren" vor dem Hintergrund dieser einseitigen "Verpflichtung" zudem, dass "die Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger/innen (…) erhebliche Anstrengungen aller Mitglieder der Universität (sic!)" erfordert und "die GU (…) das Lehrpersonal verstärken" wird. Gegenleistungen des Ministeriums finden sich bestenfalls in der Anerkennung eines "Mehrbedarfs an Räumen", den das Ministerium aber auch nur "im Rahmen der Möglichkeiten (…) unterstützen" wird. Konkrete Mittelzusagen für die Einrichtung neuer Professuren finden sich weder hier noch im abschließenden Teil "Leistungsvereinbarungen" (III) – und dies trotz der mehr als berechtigten Feststellung im HEP (HEP 9.3.2011, S. 13), dass sich "die Betreuungsrelation an der Goethe-Universität (…) in den vergangenen Jahren stetig verschlechtert (hat). 2008 lag sie bei ca. 1:50 (50 Studierende pro Professur); zurzeit ist sie bei 1:63. Damit steht sie außerhalb jeder Konkurrenz mit europäischen oder amerikanischen Spitzenuniversitäten: An der ETH-Zürich etwa liegt das Verhältnis bei 1:35, in Stanford und Harvard bei 1:10 bis 1:20". Soviel zur Unterstützung des Ministeriums für die Zielvorgabe des HEP, die "Führungsposition" der GU "als Forschungs- und Lehruniversität (…) weiter aus(zu)bauen" (HEP, S. 3).

Harte Zielvorgaben auf der einen Seite, weiche Bemühenserklärungen als "Gegenleistung" auf der anderen. Zu diesen Zielvorgaben und (ausbleibenden) Leistungen soll der Senat nun "Stellung nehmen", über den eigentlich vorzuschaltenden Hochschulentwicklungsplan soll er (nachträglich) entscheiden. Was geschähe eigentlich, so fragt man sich, wenn der Senat die von ihm geforderte "Zustimmung zur Entwicklungsplanung der Universität" mit Verweis auf die Missachtung seiner Mitwirkungsrechte verweigerte? ….

Defizite inneruniversitärer Kommunikations- und Aushandlungsprozesse

Die Frustrationen verstärken sich noch, wenn man lediglich jene Prozesse betrachtet, die ohne Beteiligung des HMWK universitätsintern geregelt werden können. Die bisherige Diskussion um den HEP lässt nämlich nur schwer erkennen, wie mit diesem Verfahren dem im HEP-Entwurf (S.3) explizit formulierten Anspruch Rechnung getragen wird, dass an der Goethe-Universität in "flachen Hierarchien (…) ProfesorInnen, MitarbeiterInnen und Studierende (…) in Entscheidungsprozesse eingebunden" werden und ein "offener Diskurs" gepflegt werden soll (alle Zitate HEP, 11.6.2011, S.3). Die Versendung des HEP-Entwurfs am 14.6.2011 ist eher ein Beispiel dafür, wie "Hierarchien" steil und "Diskurse" geschlossen organisiert werden. Entgegen anders lautender Vorschläge aus dem Senat in seiner Sitzung vom 18. Mai wurde die neue Fassung des HEP nämlich nicht allen Universitätsangehörigen unmittelbar zugänglich gemacht. Vielmehr versandte das Präsidium lediglich ein Schreiben des Präsidenten an alle "Mitarbeiter", in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass sie "auf Anfrage" von den Mitgliedern des Senats, den Dekanaten oder Herrn Diekmann ein Exemplar zugesandt bekämen. Diesen potenziellen Versendern des Plans wurde allerdings in einer weiteren mail des Präsidiums, die neben dem Schreiben des Präsidenten auch den neuen HEP-Entwurf enthielt, mitgeteilt, bei "eventuellen Anfragen zum Hochschulentwicklungsplan (…) jeweils ein Exemplar des HEP ausgedruckt zur Einsichtnahme in Ihren Einrichtungen bereitzuhalten." Allem Anschein nach ging diese restriktive Praxis der Verfügbarmachung des neuen HEP-Entwurfs zumindest in Teilen auf Beratungen in der Senatskommission zum HEP zurück, in der man (wie es in der Senatssitzung am 15.6. hieß) eine zusätzliche "Hürde" einbauen wollte, um die Vertraulichkeit des Dokuments sicherzustellen. In dieses Bild fügt sich leider auch die Kommunikationsstrategie der Universitätsleitung, die die Zielvereinbarung bislang (Stand 25. Juni 2011) nicht innerhalb der Universität zugänglich gemacht hat. Wer das Dokument einsehen will, muss es sich von der Homepage des HMWK herunterladen.

Alle diese Vorgänge werden hier etwas ausführlicher dargestellt, weil sie meines Erachtens symptomatisch sind für die derzeitige Verfassung der Goethe-Universität: Das offizielle Bild, das nach innen und außen projiziert werden soll ("klare Gewaltenteilung zwischen Leitung (Präsidium) und Kontrolle (Hochschulrat bzw. Senat)"; "flache Hierarchien", "offener Diskurs" – um nur einige Zitate aus dem HEP zu wählen) und die (zumeist hinter vorgehaltener Hand artikulierte) Binnenwahrnehmung defizitärer universitätsinterner Kommunikationsstrukturen sind nicht – deckungsgleich, um es zurückhaltend zu formulieren. Manche sehen hier eine "Kluft", andere (mit dem "halb vollen Glas") vielleicht nur eine "Lücke". Die meisten scheinen sich aber einig zu sein, dass sich einiges ändern muss, wenn die Universität als Ganzes zu einer verlässlichen und stetigen strategischen Planung finden soll, die all jene angemessen einbezieht, die bei der Verwirklichung dieser Ziele mitwirken sollen. Eine ehrliche Bestandsaufnahme markiert daher einen deutlich größeren Handlungsbedarf zur Verbesserung der Binnenkommunikation als dies derzeit im HEP oder gar in der Zielvereinbarung artikuliert wird.

Ein Hochschulentwicklungsplan für die Goethe-Universität als universitas?

All dies soll nicht bedeuten, dass der HEP nicht genauso wichtige wie kreative und wohl von vielen auch geteilte Zielsetzungen enthält. Dazu zählen u.a. die neuen Schwerpunkte in der Nachwuchsförderung (Abschnitt 2; vgl. auch Zielvereinbarung I.8.2). Andere Zielformulierungen dürften eher als unumgänglich, denn als wünschenswert empfunden werden. Dazu würden wohl nicht wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (auf allen Ebenen von Lehre und Forschung) die diversen "externen Anreizsysteme" und "internen Verfahren der Qualitätssicherungskontrolle" rechnen (Abschnitt 1.6.). Denn hier wird auf ein spezifisches Verständnis von "Exzellenz" abgehoben, das "Forschungsqualität" in erster Linie an Drittmitteleinwerbung und Publikationsausstoß in impact-factor relevanten, begutachteten Zeitschriften und Buchreihen bemisst. Manches davon ist vielleicht unvermeidlich und nicht alles muss sich nachteilig auswirken. Bauchschmerzen verursacht aber die fast schon durchgängige Ausrichtung des HEP am Management- und Optimierungssubtext der Wirtschaft. Wie die Rede von "Leistungsmessung" und "Qualitätsmanagement" im HEP (bzw. von "academic controlling", "benchmark-System", "Key Performance Indicators (KPI)" und "rankings" in der Zielvereinbarung (I.3.)) das übergreifende Organisationsziel der Universität als universitas angemessen abbilden soll, erschließt sich nämlich nicht. Diese Rede- und Denkweise verkennt nämlich, dass unter jenen, die in die Universitäten strömen (bzw. gedrückt werden), immer noch zahlreiche intrinsisch motivierte Individuen zu finden sind, die neben der Ausbildungsstätte eben auch den Ort suchen, an dem die regulative Idee der Wahrheitssuche Lehrende und Lernende (als gemeinsam Forschende im Sinne der universitas) verbindet. Nichts davon findet sich derzeit im HEP – schon im ersten Abschnitt zum "Profil" der Goethe-Universität allerdings ein Hinweis auf eine offensichtlich geschätzte große Traditionslinie, an der man anscheinend anknüpfen will: "die Frankfurter Schule und ihre Kritische Theorie", die "beispielhaft" dafür stehe, wie die GU in vielen "neuen Disziplinen (…) rasch die Rolle der Avantgarde" übernahm. Es fällt schwer sich einen Reim darauf zu machen, wie "Leistungsmessung" und "Key Performance Indicators" einerseits und "Frankfurter Schule" und "Avantgarde" andererseits so miteinander verknüpft werden sollen, dass die Goethe-Universität der Zukunft an solche akademischen Erfolge anschließt wie sie sich international mit dem Namen der "Frankfurter Schule" verbinden.

Handlungsoptionen

Was folgt aus alldem? Angesichts der sachlich wie auch rechtlich gegebenen Koppelung zwischen Hochschulentwicklungsplanung und Zielvereinbarungsprozess sollte der Senat beide Dokumente parallel diskutieren, auch wenn sich seine Mitwirkungsrechte bezüglich der Zielvereinbarung lediglich auf ein Recht zur Stellungnahme beschränken, während im Blick auf den HEP seine "Zustimmung" erforderlich ist. Wenn ich es richtig sehe, hat der Senat im Kern drei Optionen: (1) die formalistische und zügige Abwicklung, (2) die fundierte Auseinandersetzung mit und Beschlussfassung über bzw. Stellungnahme zu den vorliegenden Dokumenten im Rahmen der vorgesehenen Verfahren, und (3) eine Kombination von Elementen aus (1) und (2), die allerdings den Akzent deutlich stärker auf einen mobilisierenden Neubeginn jenseits formal(istisch)er Prozesse setzt.

ad 1: Bezüglich der Zielvereinbarung könnte sich der Senat auf eine formale Stellungnahme beschränken, die ohne jegliche inhaltliche Würdigung lediglich zur Kenntnis nimmt, welche Vereinbarungen Präsidium und Ministerium jenseits der Mitwirkungsrechte des Senats und ohne Rücksichtnahme auf die geforderte Zustimmung zur Hochschulentwicklungsplanung abgeschlossen haben. Das entspräche der Anerkennung der Machtverhältnisse wie sie ihm präsentiert wurden. Begleitet würde dies durch eine ebenso zügige, weitgehend formal gehaltene und auf Minimalkorrekturen abzielende Behandlung des HEP-Entwurfs, die am Ende in eine leidenschaftslose "Zustimmung" mündet.

ad 2: Die zweite Option bestünde in einer ausführlichen Stellungnahme zur Zielvereinbarung, die nicht nur inhaltlich Position bezieht, sondern auch den Prozess ihrer Entstehung und Entkopplung von der Hochschulplanung thematisiert. In dieser Variante wäre ein ausführlicherer Diskussionsprozess zum HEP, der die Rhetorik der "flachen Hierarchien" und des "offenen Diskurses" ernst nimmt, der Stellungnahme zur Zielvereinbarung vorzuschalten, um im Lichte jener Ziele, auf die sich das wichtigste "Kontroll"-Organ der Goethe-Universität am Ende verständigt, eine Reaktion auf die Zielvereinbarung zu formulieren. Dieser Diskussionsprozess könnte zudem in zwei Varianten organisiert werden: (a) als Senats-fokussierte Debatte, die mögliche Eingaben, die sich aus der restriktiven Streuung des Dokuments ergeben, in den üblichen drei "Lesungen" verarbeitet und am Ende beschließt; oder (b) als "offenen Diskurs", der über ein universitätsinternes Wiki oder einen "BSCW Shared Workspace Server" das derzeitige HEP-Dokument in bearbeitbarer Form einstellt und alle Mitglieder der Universität einlädt, an der Überarbeitung der Vorlage mitzuarbeiten. Letztere Variante wäre sicherlich sehr aufwendig und würde auch eine gewissenhafte Moderation erfordern, die steuert ohne abzuwürgen. Allerdings würde sie den Anspruch ernst nehmen, "flache Hierarchien" gerade in jenen zentralen Punkten zu praktizieren, die die strategische Ausrichtung der Universität betreffen.

ad 3: Elemente aus (1) und (2) könnten zudem gekoppelt werden mit einer Initiative, die man vielleicht Zukunftswerkstatt Goethe Universität nennen könnte. In dieser Option würde ein formaler Abschluss von Zielvereinbarungsstellungnahme und Hochschulentwicklungsplanentscheidung als routinisiertes Senatshandeln ergänzt durch die Etablierung eines nicht unter Zeitdruck stehenden Selbstverständigungsprozesses (analog z.B. zu den guten Erfahrungen mit den "Bologna Werkstätten"), in dem die Zukunft der Universität als universitas im Zentrum stünde. Im Mittelpunkt stünden weniger jene administrativ vorgegebenen Ziele und Prozesse, wie sie sich im HEP und der Zielvereinbarung finden. Vielmehr ginge es um die Art und Weise, wie die Mitglieder und die diversen Gremien und Entscheidungsinstanzen der Universität miteinander kommunizieren und sich verständigen, welche Defizite aus unterschiedlichen Perspektiven bestehen und wie diese behoben werden können. Die personelle Zusammensetzung solcher Reflexionswerkstätten inneruniversitärer Kommunikation müsste offen sein, damit alle MitarbeiterInnen der Universität, die an einer konstruktiven Mitarbeit interessiert sind, teilhaben können. Am Ende stünden vielleicht Empfehlungen an die Gremien und Entscheidungsinstanzen der Universität darüber, wie die im Hochschulentwicklungsplan formulierten Ziele bzgl. aller Aspekte der internen Kommunikation zu konkretisieren wären und welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, um sie umzusetzen. Das vorrangige Ziel einer solchen "Zukunftswerkstatt" bestünde aber weniger in solchen "Zielformulierungen" als darin, einen internen Reflexionsprozess über inneruniversitären Kommunikationsprozesse zu institutionalisieren, um ohne allzu große Formalisierung und Bürokratisierung alle relevanten Gruppen bzw. interessierten Individuen in einen offenen, verständigungsorientierten Austausch über Stärken und Schwächen hinsichtlich der Art und Weise einzubeziehen, wie die Goethe Universität als universitas organisiert werden soll. Das wäre nicht nur ein Beitrag zur Umsetzung "flacher Hierarchien" und "offener Diskurse", sondern auch zur Mobilisierung und Motivierung der interessierten Mitglieder der Universität jenseits von "Leistungsmessung" und "academic controlling". Es wird kaum überraschen, dass im Sinne der bisherigen Argumentation dem Senat (und der Universität als Ganzes) zu empfehlen wäre, diese dritte Option zu wählen.