Nichts als Türme? – die frühbronzezeitliche Landschaft des Zentraloman

Das 3. Jahrtausend v. Chr. (Frühe Bronzezeit) im Oman ist eine Periode fundamentaler Veränderungen in der Entwicklung der sozialen Komplexität, der Nutzung neuer Ressourcen sowie im Übergang von mobilen Wanderviehhirten zu sesshaften Ackerbauern. Fundorte mit monumentalen Rundbauten aus dieser Zeit, sogenannten Türmen, wurden in den letzten Jahrzehnten intensiv untersucht und gelten als Zentren der Kulturen der frühen Bronzezeit in der Region. Über kleinere, nicht-monumentale Fundorte in ihrem Hinterland ist jedoch äußerst wenig bekannt und damit auch über die frühbronzezeitliche Landschaft im Allgemeinen. Ohne dieses Wissen fehlen uns jedoch wichtige Informationen zum Verständnis der frühbronzezeitlichen Gesellschaften im Oman.

Hauptziel des hier beantragten Forschungsvorhabens ist es daher, zum ersten Mal detaillierte und umfassende Kenntnisse über die Landschaft und das Siedlungsmuster des 3. Jahrtausends v. Chr. in der marginalen Landschaft des Zentralomans zu generieren. Dies soll anhand eines ausgewählten Fallbeispiels in der Region um die moderne Stadt Sinaw im Zentraloman durchgeführt werden. Diese Region ist ideal, um das Forschungsvorhaben durchzuführen, da die rezente Modernisierung hier noch nicht allzu weit fortgeschritten ist und somit antike Strukturen besser erhalten sind. Trotz der eher peripheren Lage des Gebietes nehmen aber auch hier moderne Baumaßnahmen stetig zu, was zur Dringlichkeit dieses Forschungsvorhabens beiträgt. Um das Ziel des Forschungsvorhabens zu erreichen, soll eine Kombination verschiedener Surveymethoden angewandt werden, welche die beiden Hauptschwierigkeiten der Untersuchungsregion berücksichtigt: die enorme Größe des Forschungsgebietes auf der einen Seite und der flüchtige Charakter einiger archäologischer Hinterlassenschaften auf der anderen Seite. Die Methodik stellt ein innovatives Zusammenspiel aus Fernerkundung anhand frei verfügbarer Satellitenbilder, GIS-gestützte Landschaftserkennung, zielgerichteter Prospektion sowie systematischer, intensiver Oberflächenbegehung dar. Die systematische Begehung unterscheidet sich von traditionellen Surveys dadurch, dass sie die fußläufige Oberflächensammlung von Artefakten nicht auf bereits identifizierte Fundorte beschränkt, sondern ausdrücklich in vermeintlich leeren Bereichen zwischen den Fundorten stattfinden. Sie ist dadurch die einzige Möglichkeit, kleinere Fundorte wie Lagerplätze mobiler Gruppen oder andere Artefaktstreuungen zu finden.

Es wird erwartet, dass das hier beantragte Forschungsvorhaben durch die in ihm neu gewonnenen Erkenntnisse über die frühbronzezeitliche Landschaft in Zentraloman wesentlich zu unserem Verständnis über die bedeutenden Veränderungen, insbesondere den Übergang von mobilen Wanderviehhirten zu sesshaften Ackerbauern und die zunehmende soziale Komplexität, in dieser bislang unerforschten Region beitragen wird.

 

Ansprechpartnerin: Stephanie Döpper