Projektarchiv


Projektgruppen

Partnerschaften in späten Lebensphasen – die Herausforderung des Alters

Die Goldene und sogar Diamantene Hochzeit erleben heute immer mehr Ehepaare. Was bedeutet eine so lange Ehezeit für das Paar? Was trägt die Beziehung nach so vielen Jahren? Welche Rolle spielt das Alter? Ausgehen von diesen Fragen wurde von der Universität des 3. Lebensalters an der Goethe-Universität in Kooperation mit der Koordinationsstelle Erwachsenenbildung und Seniorenarbeit des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt am Main ein Forschungsprojekt unternommen, bei dem Interviews geführt und ausgewertet wurden. Das Vorgehen ist insofern besonders, als nicht Wissenschaftler, sondern Studierende der U3L das Konzept entwickelt und umgesetzt haben.

U3L-Veröffentlichung:

Partnerschaften in späten Lebensphasen - die Herausforderung des Alters. Erfahrungen und Ergebnisse aus einem forschungsorientierten Projekt. Forschung und Projekte  Nr. 3, 2012


Ost-West-Begegnungsseminare (1995-2003)

Seit dem Mauerfall hat sich die U3L zur Aufgabe gemacht, Kontakte zu verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen zu pflegen, die auch ein Bildungsangebot für Senioren haben. Insbesondere sind hier Verbindungen mit Magdeburg und Berlin, mit Rostock, Leipzig, Mittweida und Chemnitz zu nennen.

Die ersten drei Kompaktseminare (1995, 1996 und 1997) wurden in Kooperation mit den Universitäten Magdeburg und Berlin entwickelt und standen unter dem Motto "Kommunikation lernen – Verständigungsaufgaben zwischen Ost- und Westdeutschen der älteren Generation". Leitung und Konzept hatten Klaus Heuer (Frankfurt/Main), Dr. Jutta Arnold (Berlin), Olaf Freymark (Magdeburg) und Silvia Dabo-Cruz (Frankfurt/Main). Das Seminarkonzept entstand vor dem Hintergrund tief greifender gesellschaftlicher Veränderungen seit der Wiedervereinigung und der Problematik und Aufgabe einer anhaltenden noch im Werden begriffenen 'inneren Vereinigung' Ost- und Westdeutscher. Ziel der Veranstaltungen war zum einen der Austausch ost- und westdeutscher Sichtweisen der älteren Generation über ihre Lebensweisen und Wertvorstellungen, die Ergänzung und Berichtigung des Wissens voneinander und die gleichzeitige kritische Überprüfung eigener Vorurteile. Zum anderen wurde ein Seminarmodell entwickelt, das den Boden für eine verständigungsorientierte und gleichberechtigte Kommunikation bereiten und dadurch seinen Teil zu einer deutsch-deutschen Verständigung beitragen kann. Insofern hatten die Seminare experimentellen Charakter.

Verschiedene Seminare, die in Zusammenarbeit mit den Senioren-Universitäten Leipzig, Chemnitz, Rostock und Mittweida seit 1995 organisiert wurden, hatten jeweils unterschiedliche Themen zum Inhalt. Aus dem Programm der vergangenen Jahre hebt sich eine Begegnung in Rostock heraus, in welcher u. a. die Frage eines neuen Humanismus diskutiert wurde. In Mittweida dagegen fanden mehrtägige Gespräche über die neuen Kommunikations- und Informationstechniken statt. Der Gedankenaustausch bezog sich auf die Möglichkeiten, die sich auch für ältere Menschen dadurch eröffnen. Mit einer Gruppe von Senioren aus Chemnitz wurde im Juni 1999 in Frankfurt ein mehrtägiges Seminar über die Beiträge durchgeführt, welche von älteren Menschen für die geistige Annäherung von Ost und West erbracht werden können. Dabei wurde zugleich eine Bilanz des bisherigen Wiedervereinigungsprozesses gezogen. Die Begegnungen mit Senior-Studierenden aus Leipzig und Rostock  im Februar 2000 in Frankfurt und aus Frankfurt am Main im Juni 2000 in Chemnitz schlossen an die Diskussionen gesellschaftlichen Wandels an. Während im Seminar im Februar über die Möglichkeiten der weiteren Förderung der Wiedervereinigung, aber auch deren Hindernisse diskutiert wurde, waren im Juni der Wertewandel und die Problematik einer zeitgemäßen Ethik Schwerpunktthemen.

Insgesamt stellte sich heraus, dass die Wiedervereinigung allein deshalb noch nicht abgeschlossen sein kann, weil auf beiden Seiten eine durchaus unterschiedliche Geschichte wirksam geworden ist. Das zeigt sich ebenso in unterschiedlichen Sprachformen wie tiefwurzelnden Lebensgewohnheiten. Darüber hinaus macht sich allenthalben die prägende Kraft politischer Ideologien bemerkbar. Auffällig ist, dass im Westen das Bewusstsein unterentwickelt ist, dass eine Wiedervereinigung nicht nur die Veränderung von Denkmustern der anderen einschließt.

Die beiden im Sommersemester 2001 stattfindenden Seminare (Zwischen Bildung und Internet und Lebenslanges Lernen) mit Senior-Studierenden aus Rostock, Chemnitz und Frankfurt konzentrieren sich auf traditionelle und veränderte Auffassungen von Bildung und Lernen. Insbesondere die Chancen oder Risiken neuer Lernumwelten, wie das Internet und die aktuelle Bedeutung lebenslangen Lernens für ältere Menschen, sollen diskutiert werden.

Im Sommersemester 2002 fand die Begegnung in Frankfurt/Main statt. Unter dem Thema "Der Ältere Mensch in unserer Gesellschaft" fanden lebhafte Gespräche über die Situation der Zeit und insbesondere die Älteren bedrängende wirtschaftliche Lage und deren Bewältigung statt.

2003 traf sich eine Gruppe Frankfurter Studierender in Chemnitz mit den dortigen Senior/innen. Im Mittelpunkt stand die Industriegeschichte von Chemnitz und die Darstellung der Stadt als Zentrum einer "lernenden Region".


Kann man Lernen lernen? Ein internetgestütztes Projektseminar (WS 2002/03)

Elisabeth Wagner, Dipl. Soz.

Projektziel:

  • Methodenentwicklung von netzbasierten Lernprojekten für Ältere
  • Erforschung des Bedarfs nach Internetgestützten Lernprojekten für Ältere

Lernziele:

  • praktische Erfahrungen mit einem internetgestützten Seminar sammeln,
  • die Einsatzmöglichkeiten von einzelnen Kommunikations-, Informations-, Kontakt- und Vernetzungsmöglichkeiten des Internets kennen lernen,
  • eigene zurückliegende Lernerfahrungen reflektieren,
  • Einblick verschaffen in die Ergebnisse der PISA-Studie und in die aktuelle Bildungsdebatte um Lernkonzepte und -formen,
  • die Bedingungen für das eigene Lernen verbessern.

Projektbeschreibung:
Internetbasiertes Seminar mit 6 Präsenzveranstaltungen, mit dem Schwerpunkt Kommunikation/Diskussion im Internet und Lerngruppenarbeit mit realen Gruppentreffen

Projektmedien:
Lernplattform ILIAS mit Foren und Lerneinheiten, Mailingliste, Chat, diverse Medien in den Präsenzveranstaltungen

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Der ältere Mensch als Wirtschaftsfaktor (1998-99)

Hildegard Neufeld, Dipl. Volkswirtin

Laufzeit WS 1998/1999

Eine Projektgruppe an der Universität des 3. Lebensalters (U3L) an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M. untersuchte ab Wintersemester 1998/99 die Rolle des älteren Menschen als Wirtschaftsfaktor. Die Ergebnisse sind jetzt veröffentlicht worden.
Ziel der Untersuchung war es, zu ermitteln und aufzuzeigen, welche Position ältere Menschen heute im Wirtschaftsleben einnehmen, welche Leistungen sie erbringen - und welche sie in Anspruch nehmen. Sind ältere Menschen überwiegend nur Nutznießer, wie oftmals behauptet wird oder sind sie eher Erbringer von wirtschaftlichen Leistungen und gesellschaftlichen Beiträgen, lautet u. a. die Frage, und weiterhin: in welcher Form bzw. in welchem Umfang tragen sie zum wirtschaftlichen Ergebnis der Gesellschaft bei?

Im Blickfeld der Untersuchung standen die folgenden Themen: Die wirtschaftliche Situation der älteren Generation - Die Rolle des älteren Verbrauchers als Wirtschaftsfaktor (Verfügbares Einkommen und privater Verbrauch, Freizeit, Reisen, Bildung und Weiterbildung, Mediennutzung, Informations-  und Kommunikationstechnologien, Werbung, Gesundheitsprodukte und -leistungen, Pflege, Finanzdienstleistungen). Ältere Menschen als Arbeitgeber im Dienstleistungsbereich, Wohnen im Alter - Ältere Menschen im Erwerbsleben. Die wirtschaftliche Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements älterer Menschen. Die Bedeutung der Hilfeleistungen älterer Menschen in Familie und Nachbarschaft. Der ältere Mensch als Vermögensbesitzer und Erblasser.

Die bedeutendste Rolle, die die ältere Generation in der Wirtschaft bereits eingenommen hat, ist - dem Ergebnis der Untersuchung zufolge - die des Verbrauchers. Die älteren Menschen unserer Zeit, so stellten die Senior-Studenten der Projektgruppe abschließend fest, erleben ein Alter, wie es dies in in dieser Form und Dimension noch nie zuvor gegeben hat, und indem sie es bewältigen oder auch gestalten, übernehmen sie zugleich eine Pionierfunktion, sind Wegbereiter für künftige Altengenerationen - auch als Wirtschaftsfaktor.

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Forschungsprojekte

Lehr-Lern-Dialog Altenpflege (2008-2009)

Seminarprojekt mit Seniorstudierenden und Altenpflege‐Schülern/innen

Silvia Dabo‐Cruz & Christine Hamann

Zusammenfassung in der Posterdarstellung - 2009


Kindergärten in Demokratie und Diktatur 1920 - 1945 (2002-2005)

Geschichte des Kindergartenwesens von der Weimarer Republik bis zum Ende des Nationalsozialismus

Christine Hamann, Dipl. Päd.

Die gegenwärtige aktuelle Diskussion um den Bildungsauftrag des Kindergartens wurde in ähnlicher Form schon vor rund 80 Jahren zu Anfang der Weimarer Republik geführt. Damals wie heute ging es um gesellschaftliche Bedeutung und Stellenwert institutionalisierter frühkindlicher Erziehung, die erst in den 20er Jahren allgemein als Kindergartenerziehung bezeichnet wurde. In der Geschichte des Kindergartens war die Anfangszeit der ersten Republik in Deutschland eine historisch wichtige Epoche. Es fand eine intensive pädagogische und politische Diskussion zur Bestimmung und Ausgestaltung des Kindergartenwesens statt, die als Weichenstellung in der Entwicklungsgeschichte der Kindergärten bezeichnet werden kann. Die grundsätzliche Frage war, ob der Kindergarten eine elementare Erziehungs- und Bildungseinrichtung für alle Kleinkinder, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft sein sollte oder ob der Kindergarten nur als eine sozialfürsorgerisch ausgerichtete Nothilfeeinrichtung für aufsichts- und erziehungsbedürftige Kinder aus unteren Schichten eingerichtet werden sollte?

Nach dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz von 1922/1924, einem der wenigen „Reichserziehungsgesetze“, die parlamentarisch durchgesetzt werden konnten, wurde der Kindergarten als Einrichtung der halboffenen Kinderfürsorge definiert und damit dem Jugendwohlfahrtswesen und nicht dem öffentlichen Schulsystem zugeordnet.
Trotz der gesetzlichen Einordnung des Kindergartens als Fürsorgeeinrichtung, setzte aus erziehungswissenschaftlicher und reformpädagogischer Sicht in den 20er Jahren eine Pädagogisierung der öffentlichen Kleinkindererziehung ein. Die traditionelle Fröbelpädagogik musste sich gegenüber alternativen frühpädagogischen Konzepten wie Montessoripädagogik und –methode oder beispielsweise einer psychoanalytisch orientierten Kleinkindpädagogik behaupten.

Zielsetzung des vorliegenden historisch-pädagogischen Forschungsprojekts ist das Herausarbeiten der grundlegenden Entwicklungslinien in der Geschichte des Kindergartenwesens auf konzeptioneller, organisatorischer, politischer und gesetzlicher Ebene in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 sollen Kontinuität, Brüche und Veränderungen im Kindergartenwesen thematisiert werden.

Von folgenden Fragestellungen wird ausgegangen

  • Welche bildungstheoretischen, pädagogischen, psychologischen und sozialfürsorgerischen Konzepte öffentlicher Kleinkindererziehung gab es in den politischen Systemen Demokratie und nationalsozialistische Diktatur?
  • Welche gesetzlichen Regelungen wurden jeweils getroffen?
  • Wie wurde das öffentliche Interesse an Kindergarteneinrichtungen begründet und welche Mittel wurden aufgebracht?
  • Welchen Einfluss hatten die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen auf das Kindergartenwesen?
  • In welcher Form wurden nach 1933 Gleichschaltung und „Nazifierung“ des Kindergartenwesens verwirklicht?
  • Unter welcher Trägerschaft wurden Kindergärten eingerichtet und wie veränderte sich die traditionelle konfessionelle, kommunale und Vereins-Trägerlandschaft, zum Beispiel durch den Aufbau der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt) -Kindergärten im Laufe der 30er Jahre?
  • Wie wurden Ziele und Inhalte in der Kindergärtnerinnenausbildung jeweils definiert und verändert?

Aufbau der Arbeit und methodische Vorgehensweise

Nach einem historischen Abriss zur Entstehung und Entwicklung von Einrichtungen öffentlicher Kleinkindererziehung im 19. Jahrhundert folgen der theoretische Hauptteil zur Geschichte der Kindergärten in der Weimarer Republik und in der NS-Zeit und eine beispielhaft angefügte regionalgeschichtliche Studie zur Geschichte des Kindergartenwesens in der Stadt Frankfurt am Main, ebenfalls für den Zeitraum 1920 bis 1945. Die theoretischen Ausführungen basieren auf einer umfangreich durchgeführten Literaturrecherche, bei der nach Möglichkeit auch Primärquellentexte ausgewählt und interpretiert werden. Die Darstellung der Geschichte des Kindergartenwesens in Frankfurt am Main konnte aufgrund einer Quellenrecherche und -auswertung anhand der für das Kindergartenwesen relevanten Aktenbeständen des Instituts für Stadtgeschichte durchgeführt werden.

Zur weiteren Ergänzung des Themas dienen acht berufsbiographische Interviews mit ehemaligen Kindergärtnerinnen und Gespräche mit ehemaligen Frankfurter „Kindergartenkindern“.

Laufzeit

2002 - 2005

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Alt und Jung im Studium (2003-2005)

Silvia Dabo-Cruz, Dr. Frank-Olaf Brauerhoch, Dr. Sabine Lindenlaub, unter Mitarbeit von Studierenden der U3L und der Johann Wolfgang Goethe-Universität

Das Forschungsprojekt Alt und Jung im Studium steht im Zusammenhang mit dem vielfach erörterten Thema des Verhältnisses der Generationen zu einander. Es werden Ergebnisse einer empirischen Untersuchung dargestellt, die in Universitäts-Veranstaltungen durchgeführt wurde, in denen junge, auf einen Berufsabschluss hin orientierte Studenten gemeinsam mit älteren, nur auf die individuelle Allgemeinbildung ausgerichteten Studierenden lernen und vielleicht auch diskutieren. Durch die Untersuchung sollte in Erfahrung gebracht werden, wie das Angebot an altersgemischten Veranstaltungen sowohl von älteren Studierenden (Studierende der U3L) als auch von jüngeren Studierenden (Studierende der JWG-Universität) genutzt wird. Weiterhin von Interesse war, ob und inwieweit sich in der Konstellation des gemeinsamen Studierens von Jüngeren und Älteren besondere Verhaltensweisen zeigen, und wie diese von den beiden Gruppen bewertet werden. Schließlich ging es auch um die Frage, ob das Zusammentreffen von Alt und Jung spezifische Probleme beinhaltet, oder ob es möglicherweise auch als Chance genutzt wird, die Perspektiven der jeweils anderen Generation kennen zu lernen und sich darüber auszutauschen.

Gestützt auf statistisch gesichertes Datenmaterial wird der Nachweis geführt, dass das Bemühen um gegenseitige Akzeptanz weitaus verbreiteter ist als die fälschlicherweise zuweilen überbetonte Ablehnung Älterer seitens einiger Jüngerer. Darüber hinaus wird ein Nachdenken darüber angeregt, was unter "Generation" verstanden werden soll. Die Studie liefert ferner einen Beitrag zum Thema des Lebenslangen Lernens, das in der Erwachsenenbildung höchst virulent ist, jedoch in der Öffentlichkeit mit ideologischen Belastungen, zu ringen hat und daher einer Versachlichung und wissenschaftlichen Aufklärung seiner vielfältigen Facetten dringend bedarf.

Veröffentlichung

Brauerhoch, Frank-Olaf; Dabo-Cruz, Silvia (Hrsg): Begegnung der Generationen. Alt und Jung im Studium. Schulz-Kirchner Verlag, Idstein 2005.


Mens sana in corpore sano

Dr. Carl Hellmut Hoefer

"Mens sana in corpore sano" – die Antike hat mit diesem Satz Juvenals das Zusammenspiel von Leib und Seele, Geist und Körper erstmals markant definiert. Besonders beim älteren, alternden und alten Menschen werden diese Bedingungsverhältnisse zu einer immer dominanteren Fragestellung. Das im Bereich der Sozialen Gerontologie angesiedelte Forschungsprojekt soll die Zusammenhänge zwischen Bildung und körperlich/geistig/seelischer Gesundheit im dritten Lebensalter nachweisen. Es soll den in Untersuchungen zur Lebenssituation älterer Menschen bisher zu wenig berücksichtigten Faktor der Bildung stärker bewusst machen und weitere Aufschlüsse über die Befindlichkeiten älterer Menschen geben. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen Anhaltspunkte für die bedarfsgerechte Planung von Bildungsprozessen für Menschen des dritten Lebensalters geben.

Die Studie umfasst einen theoretischen und einen empirischen Teil. Im theoretischen Teil werden die maßgeblichen Positionen der Leib-Seele-Diskussion in der geistesgeschichtlichen Tradition auf die Präsenz und Berücksichtigung des älteren Menschen hin untersucht. Mittels eines teilstandardisierten Fragebogens sollen im empirischen Teil die o. g. Zusammenhänge zwischen Bildung, Lebensführung und psychophysischer Befindlichkeit wie der Wechselwirkung von Leib und Seele analysiert werden. Gefragt wird nach den Ressourcen mit dem Schwerpunkt der Bildungsangebote, die der befragten Personengruppe in verschiedenen Lebensphasen zur bewussten Gestaltung und Beeinflussung ihres psychophysischen Status zur Verfügung standen und gegenwärtig stehen.

Veröffentlichung: Böhme, Günther (Hrsg.): Über den Umgang des Alters mit sich selbst. Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein 2004


Schulalltag zwischen Ideologie und Wirklichkeit (2001)

Christine Hamann Dipl. Päd., Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Böhme

Ziel dieses Forschungsprojekts war, den im "Dritten Reich" erlebten Schulalltag zwischen "Ideologie und Wirklichkeit" zu bestimmen. Dies wurde zum einen möglich durch die Auswertung biographischer Texte zu Schulzeit im Nationalsozialismus, erstellt von Studierenden der "Universität des Dritten Lebensalters" der Jahrgänge 1926 bis 1936. Zum anderen diente eine einführende Literaturrecherche dazu, den zeitgeschichtlichen historischen Hintergrund aufzuzeigen. Es wurden bildungspolitische Rahmenbedingungen nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 und Gleichschaltungsmaßnahmen im Schulwesen beschrieben sowie Grundzüge nationalsozialistischer Schulpolitik und ihre ideologische Grundlegung dargestellt.

Die Fragestellung lautete, wie sich der durch das NS-Regime beabsichtigte Prozess politischer Umerziehung und Ideologisierung von Unterrichtsinhalten und Schulalltag überhaupt in den 12 Jahren des "Dritten Reichs" das Schulwesen im nationalsozialistischen Sinne gestaltete, ausrichtete und veränderte, wie dies von den ehemaligen Schülerinnen und Schülern erlebt wurde und aus heutiger Sicht dargestellt wird.

Die im theoretischen Teil herausgearbeiteten Kennzeichen nationalsozialistischer Schulerziehung wurden in den verschiedenen Schulformen und nach Entwicklungs- und Reifegrad der Schülerinnen und Schüler in unterschiedlicher Weise erfahren und beschrieben. Demnach waren einzelne Schulfächer in besonderer Weise durch die nationalsozialistische Weltanschauung geprägt. Hier fallen vor allem auf die Einführung von "Rassenkunde" als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip und der Geschichtsunterricht, der aus nationalsozialistischer Sicht "umgeschrieben" wurde. Die Erziehung zum Rassebewusstsein, das heißt der Glaube an die Hochwertigkeit der eigenen "arischen" Rasse gegenüber der Minderwertigkeit besonders der "jüdischen" Rasse war ein wesentlicher Unterrichtsinhalt nicht nur des Geschichtsunterrichts. Ferner werden häufig folgende Aspekte der Schulerziehung genannt, den "Führerkult" um die Person Adolf Hitlers, die Inszenierung der Volksgemeinschaft und die Erziehung zum Volksgenossen (Du bist nichts, Dein Volk ist alles!). Dies wird von den Schülerinnen und Schülern besonders erfahren in den außerunterrichtlichen Ordnungsformen des Schulalltags, der rituellen Ausgestaltung von Feiern, nationalsozialistischen Gedenktagen, Versammlungen und Fahnenappellen. Die verschiedenen Lehrerpersönlichkeiten werden zum einen beschrieben als Vermittler nationalsozialistischen Gedankenguts (das waren die von den Biographen sog. Nazi-Lehrer) oder aber auch als kompetente Fachlehrer und Pädagogen, die sich politisch zurückhaltend oder gar nicht äußerten.

Insgesamt wird Schulalltag im "Dritten Reich" in den ersten vier Jahren Volksschule je nach Einschulungstermin in unterschiedlicher Weise und Intensität als nationalsozialistisch geprägt erfahren. Für die jüngeren Biographen ist die Etablierung der nationalsozialistischen Schulerziehung im Jahre 1942 als weitgehend abgeschlossen anzusehen. Für die älteren Biographen werden Veränderungen im Schulalltag mit der nationalsozialistischen Machtergreifung sichtbar. Die Erfahrungen in den weiterführenden Schulen hängen ebenfalls ab vom Zeitpunkt des Schulbesuchs und der entsprechenden Ausrichtung von Schule im Sinne des Nationalsozialismus durch neue Richtlinien und Erlasse. Zum Beispiel sind die Schüler in den Nationalsozialistischen Erziehungsanstalten (NPEA oder Napola) stärker durch die nationalsozialistische Weltanschauung geprägt. Ein wichtiger Aspekt ist die in diesen Internatsschulen übliche Gemeinschaftserziehung und der Ausschluss möglicher anderer gegenläufiger Erfahrungen. Solche Erfahrungen waren in begrenztem Maße für diejenigen Schülerinnen möglich, die am außerschulischen Religionsunterricht in ihrer evangelischen Gemeinde, die sich nach vorliegenden Berichten zur "Bekennenden Kirche" rechnete, teilnahmen.

Diskriminierung und Verdrängung jüdischer Schülerinnen und Schüler aus dem Schulwesen wird fast gar nicht wahrgenommen und geschildert. Für die jüngeren Biographen war mit ihrem Schuleintritt die Tatsache gegeben, dass jüdische Schüler die öffentlichen Schulen nicht mehr besuchen durften bzw. zu diesem Zeitpunkt mit ihren Familien aus Deutschland geflohen oder deportiert worden waren. Die Abmeldung oder das "Nicht-mehr-Erscheinen" von jüdischen Mitschülern wurde von den älteren Biographen bis auf einen Fall nicht als Vertreibung aus dem Schulsystem gewertet. Die meisten Biographen kamen zudem aus ländlichen Gebieten mit einem geringen Anteil jüdischer Familien. Wegen dieser "Leerstellen" in den vorliegenden Beschreibungen des Schulalltags im Nationalsozialismus wurden Auszüge aus bereits publizierten biographischen Texten ehemaliger jüdischer Schülerinnen und Schüler angefügt.

Fazit
Die von den Nationalsozialisten geplante innere und äußere Umgestaltung des Schulsystems wurde in folgenden Punkten erreicht:

1. Innere Umgestaltung
Nationalsozialistische Schul- und Erziehungspolitik setzte einen Schwerpunkt auf die außerunterrichtlichen Ordnungsformen des Schulalltags. Durch die rituelle Ausgestaltung von Feiern, nationalsozialistischen Gedenktagen, Versammlungen und Fahnenappellen wurde in besonderem Maße die deutsche Volksgemeinschaft herausgestellt.
Unterrichtsinhalte werden durch Herausgabe neuer Richtlinien und Lehrpläne für alle Schularten nach nationalsozialistischen Erziehungsgrundsätzen verändert. Unterrichtsstoff und Fächergewichtung sind durch nationalsozialistische Weltanschauung geprägt.

2. Äußere Umgestaltung
Durch nationalsozialistische Schulpolitik wird das dreigliedrige Schulsystem etabliert. Sie reduziert und legt die einzelnen Schultypen nach nationalsozialistischen Vorstellungen fest.
Nationalsozialistische Schulpolitik bedeutet im höheren Schulwesen Bildungseinschränkung und -begrenzung für Mädchen; ebenfalls eingeschränkt wird die gymnasiale Bildung für Jungen.
Nationalsozialistische Schulpolitik begründet das elternunabhängige Ausleseprinzip.
Nationalsozialistische Ausleseschulen werden eingerichtet.
Krieg und Kriegsfolgen beeinflussen sowohl die innere als auch die äußere Gestaltung des Schulsystems. Entscheidungen und Maßnahmen werden zurückgenommen bzw. aufgeschoben.
Das nationalsozialistische Schulsystem wurde aus biographischer Sicht in folgenden Punkten gekennzeichnet:
Es wurde eine emotionale, wenn auch nicht überall gleich starke Bindung der Schüler und Schülerinnen an die deutsche Volksgemeinschaft erreicht durch bestimmte Rituale und die dadurch hergestellten Gemeinschaftserlebnisse im Schulalltag.
Bei den Schülern und Schülerinnen entstand ein starkes "Wir-Gefühl" und ein Gefühl für die Bedeutung der eigenen Rasse.
Glaube und Hingabe an den Führer weithin praktiziert, bestätigen den gelungenen Aufbau des "Führerkultes".
Eine differenzierte Meinungsbildung ist den Schülern und Schülerinnen durch die Geschlossenheit des nationalsozialistischen Weltbildes kaum oder gar nicht möglich.
Schule verdrängt den Religionsunterricht aus dem Schulalltag. Durch den möglichen außerschulischen Religionsunterricht konnten jedoch begrenzt "Gegenwelten" erfahren werden.
Der doppelte Zugang zum Thema "Schule im Nationalsozialismus" – die überblickhafte theoretische Darstellung der historischen Fakten und die Auswertung der biographischen Berichte der ehemaligen Schüler und Schülerinnen – können eine Annäherung an das zeitgeschichtliche Geschehen liefern. "Schulzeit im Dritten Reich" sollte somit auf subjektiver und begrenzter Ebene in exemplarischer Form deutlich geworden sein. Dies geschah im wesentlichen durch die differenzierte und reflektierte Darstellung des erlebten Schulalltags durch die Biographen."

Veröffentlichung: Christine Hamann, Günther Böhme: Schulalltag zwischen Ideologie und Wirklichkeit. Erinnerungen an die Schulzeit im Nationalsozialismus und ihr historischer Hintergrund.
Schulz-Kirchner-Verlag, Idstein 2001


Forschung als Herausforderung (1998)

Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Böhme, Dr. Frank-Olaf Brauerhoch, Silvia Dabo-Cruz

Es wird untersucht, wie ältere Studierende, die kein Regelstudium absolvieren wollen, in den Forschungsprozess der Wissenschaften einbezogen werden können.
Im ersten Teil wird zunächst dargestellt, was Wissenschaft ist, was die Mitwirkung Älterer am Wissenschaftsprozess für Ältere heißen und was sie für die Wissenschaft bewirken kann. Er mündet in eine Beschreibung der Aufgaben von so genannten "Universitäten des 3. Lebensalters". Deren Funktion wird von der einer allgemeinen Erwachsenenbildung unterschieden, indem der wissenschaftliche Charakter hervorgehoben und die Mitwirkung der älteren Studierenden an Forschung untersucht wird. Bezogen auf die Forschungsbeteiligung stellt sich heraus, dass der Beitrag der Älteren zur Entwicklung der Gerontologie erheblich ist, während in anderen Bereichen Alter und besondere Lebenssituation der älteren Studierenden keine spezifische Rolle spielen. Die Herausforderung der Forschung an Ältere besteht darin, die eigenen Erfahrungen in den Forschungsprozess einzubringen und diesen durch anders nicht zu gewinnende Einsichten zu bereichern.
Der zweite Teil beschreibt ein Forschungsprojekt mit Studierenden der Universität des 3. Lebensalters als exemplarische Demonstration der vorausgegangenen Theorie. Dabei wird anschaulich dargestellt, wie sich der Forschungsprozess über die Eingrenzung der Thematik, Formulierung der einzelnen Erhebungsfragen, Erarbeitung und Auswertung der Ergebnisse schrittweise vollzieht. Die Fragestellung nach dem Zusammenhang von ehrenamtlichem Engagement und wissenschaftlicher Weiterbildung, die im Projekt bearbeitet wird, betrifft unmittelbar den Erfahrungsbereich der beteiligten Studierenden. In der Beschreibung des Forschungsprozesses wird deutlich, dass in der systematischen Erkundung und Verarbeitung der Erfahrung Älterer sowohl die spezifische Aufgabe als auch der besondere Ertrag eines solchen Projektes liegt. Dabei stellt für die beteiligten Studierenden der wissenschaftliche Umgang mit der eigenen Erfahrung eine besondere Anforderung dar, denn Forschung verlangt die Bereitschaft, das bisher Gewusste in Frage zu stellen, um es überprüfen zu können. Welche Lernprozesse dabei notwendig sind, wird anhand des Berichtes nachvollziehbar, ebenso wie der Erkenntnisgewinn und die Ergebnisse des Projektes greifbar werden.

Veröffentlichung: Günther Böhme, Frank-Olaf Brauerhoch, Silvia Dabo-Cruz: Forschung als Herausforderung. Zum wissenschaftlichen Potential und ehrenamtlichen Engagement der Älteren. Idstein 1998


Erfahrung in Wissenschaft und Alltag (1995)

Prof. Dr. Dr. h. c. Günther Böhme, Dr. Klaus Potyka

Der vorliegende Forschungsbericht ist das Ergebnis eines Projektes, das zum Ziel hatte, den Erfahrungsbegriff in der Form, wie er gegenwärtig in Wissenschaft und Philosophie diskutiert wird, herauszuarbeiten und zugleich, auf den jüngsten Erkenntnissen aufbauend, den Erfahrungsbegriff im Alltag auszuforschen und seine Relevanz für die Lebensführung des älteren, alternden und alten Menschen zu ermitteln.

Das Spektrum dessen, was Erfahrung bedeuten kann, wird auf der Basis von Literaturrecherchen im folgenden zusammenfassend dargestellt:
Erfahrung in den Wissenschaften

Philosophische Erfahrung meint einmal Erfahrung als Gegenstand philosophischer Reflexion; sie meint zum anderen Erfahrung mit der Philosophie. Sie verdichtet sich zum philosophischen Empirismus, der Erfahrung als Erkenntnismittel und als Instrument kritischer Weltwahrnehmung nutzt. Naturwissenschaftliche Erfahrung ist mathematisch und logisch bestimmt. Hierbei geht es um die präzise Ermittlung objektiver Daten auf der Grundlage von Experimenten. Kennzeichnend ist, dass naturwissenschaftliche Erfahrung den Anspruch der Objektivität erhebt, sie sieht von dem Subjekt ab. Geisteswissenschaftliche Erfahrung hat es dagegen vor allem mit dem Menschen als Subjekt zu tun, das durch eigene Erfahrungen andere verstehen kann. Somit ist geisteswissenschaftliche Erfahrung in wesentlichen Zügen hermeneutische Erfahrung und zugleich Deutung der Welt.

Alltagserfahrung und Bildung

Alltägliche Erfahrung mit Menschen verweist auf Welt- und Menschenkenntnis sowie auf Kommunikation als Form von personaler Begegnung. Sie gewinnt sprachliche Gestalt in Gesprächen, in denen es um intersubjektiv ausweisbare Formen erfahrenen und in Erfahrung gewachsenen Lebens geht. In beruflichen Erfahrungen bzw. Arbeitserfahrungen durchdringen sich Primärerfahrungen aus eigenem Erleben, Sekundärerfahrungen aus fremden Informationen und Sozialerfahrungen. Sie haben, da auf die Arbeitswelt bezogen, einen begrenzten Radius.

Was der Mensch für sich und mit sich im wesentlichen darstellt, erschließt sich ihm in der Selbsterfahrung. Sie ist nicht möglich ohne Bildung als geistige Durchdringung der eigenen Lebensgeschichte, die sich retrospektiv (auto-)biographisch aufarbeiten lässt. Aber auch Bildung ist ohne Erfahrung nicht möglich. In Erfahrungen wird Person zur Persönlichkeit. Eine eigene Form bilden die geistigen Erfahrungen des Menschen. Hierzu zählen vor allem religiöse Erfahrungen. Entscheidend ist dabei, dass der Geist sich zum gedanklichen Überschreiten unseres unmittelbaren Erfahrungsraums herausgefordert sieht.

Erfahrung im Alter

Die positiven Aspekte der Alterserfahrung liegen in der Chance gelöster Kontemplation im Lebensrückblick mit dem Ergebnis der Gewinnung von Erkenntnisreife. Der alte Mensch hat aufgrund seiner Erfahrungen menschlich wesentliche Vermögen zur Integration und Kommunikation in einer Gemeinschaft entwickelt, nicht zuletzt, weil er grundlegende Einsichten über Möglichkeiten der Lebensführung besitzt. Der alte Mensch hat die Chance, im Lebensrückblick Sinn zu erfahren. Dazu muss er freilich als älterer durch Rationalisierung seine Erfahrungen verarbeitet und durch Kontemplation seine Erfahrungen zu neuen Erfahrungen hin geöffnet haben. Bildung ermöglicht, dass Erfahrung im Alter sich zum sinnerfüllten Lebenswert entwickeln kann.

Allen Erfahrungen ist gemeinsam: Erkenntnisgewinn und Einsicht in Zusammenhänge des innerweltlich Begegnenden.

Veröffentlichung

Böhme, Günther; Klaus Potyka: Erfahrung in Wissenschaft und Alltag. Eine analytische Studie über Begriff, Gehalt und Bedeutung eines lebensbegleitenden Phänomens. Schulz-Kirchner Verlag. Idstein 1995