Montanarchäologische Ausgrabungen in der Knappagruba am Bartholomäberg

Neue Ergebnisse der Ausgrabungen 2022

Lehrgrabung der Goethe-Universität Frankfurt a. Main (Lehrstuhl für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, Institut für Archäologische Wissenschaften)

Grabungsleitung: Prof. Dr. Rüdiger Krause

Zeitraum: 05. September bis 01. Oktober 2022


Die Erforschung des frühen Bergbaus im Montafon hat sich in den letzten Jahren zu einem spannenden Forschungsfeld entwickelt, dessen Ergebnisse weit über die Region hinweg mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Wie Forschungen der Goethe-Universität in jüngster Zeit gezeigt haben, wurden die Erzlagerstätten schon seit prähistorischer Zeit über viele Jahrhunderte hinweg bis ins Spätmittelalter wohl mehr oder weniger kontinuierlich genutzt. Somit ist die Geschichte des Bergbaus im Montafon von einer langen Kontinuität geprägt.

Bei den in unserem Forschungsprojekt in der Knappagruaba am Bartholomäberg zugrunde liegenden Fragestellungen geht es nicht nur um den Bergbau im Mittelalter allgemein, sondern um seine Anfänge und frühen Phasen. So ergeben auch die Ergebnisse mittlerweile ein differenziertes Bild und die ältesten Nachweise von Bergbautätigkeiten können in keltische Zeit in das 4./3. Jahrhundert vor Christus datiert werden. Dazu kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass dieser frühe Bergbau bis in das 4./5. Jahrhundert nach Christus in römischer Zeit fortgeführt wurde. Die Nachweise beruhen dabei auf interdisziplinären Untersuchungen an den archäologischen Befunden, an Moorarchiven mit Daten zur Vegetationsentwicklung und mit Schwermetalleinträgen, bodenkundlichen Daten, sowie auf einer größeren Serie von 14C-Datierungen an Holzkohlen und organischen Materialien. Nicht weniger spannend sind die Daten des frühmittelalterlichen Bergbaus aus karolingischer Zeit aus dem 9. bis 11. Jahrhundert nach Christus. Denn im Churrätischen Reichsurbar von 843 werden im Drusengau neun Eisenschmelzöfen genannt, die in der Region um das Davenna-Massiv gelegen haben dürften. Bis heute kennen wir jedoch die Standorte dieser Öfen nicht, noch den zugehörigen Bergbau auf Eisenerz, der durchaus im Montafon gelegen haben könnte.

 

Abb. 1. Die Frankfurter Studenten von Rüdiger Krause im September 2022. Ein Teilnehmer fehlte an diesem Tag krankheitsbedingt.

Die montanarchäologischen Ausgrabungen 2022 fanden vom 5.- 30. September statt; ein Team aus sieben Studenten von Prof. Rüdiger Krause arbeiteten auf dem Maisäß-Grundstück von Waltraud Tschofen und es konnten weitere neue Befunde zum frühen Bergbau freigelegt und weitere Keramikscherben geborgen werden. Auf diesem Grundstück führen wir bereits seit 2016 Ausgrabungen durch und haben im interdisziplinären Diskurs mit der Archäobotanik und der Bodenkunde zahlreiche Spuren und Daten zum ältesten Bergbau dokumentiert. Mittlerweile liegen 14 Keramikfragmente vor wie auch fünf 14C-Radiokarbondatierungen die zeigen, dass an dieser Stelle in römischer Zeit Bergbauaktivitäten stattgefunden haben dürften. Bis jetzt kann jedoch noch kein Bergbaubefund eindeutig der römischen Zeit zugeordnet werden, da viele Befunde und Schichten durch spätere Nutzung Vermischungen aufweisen.

 

Abb. 2. Die Grabungsfläche 2022 auf dem Maisäß-Grundstück Waltraud Tschofen mit den Frankfurter Studenten beim Ausheben der alten Schnitte von 2016 und 2021.

Im Zuge der Grabungskampagne 2022 wurde im Bereich der Grabungsschnitte von 2016 und 2021 ein 4 mal 7,5 m großer Grabungsschnitt geöffnet und teilweise bis auf 2,5 – 3,1 m Tiefe abgegraben. Dabei sollten zwei Befunde weiter untersucht werden, die zuvor als verfüllte senkrechte Schächte angesprochen wurden. Ergänzend dazu wurden die Verfüllungen mit dem Motorbohrgerät gebohrt, um ihre Tiefe zu erkunden. Dies gelang in einem Fall recht gut, hier reichte der Schacht bis auf 3,8 m Tiefe hinab. 

 

Abb. 3. Tiefbohrung mit dem Motorbohrer im Bereich der Ausgrabung und einem senkrechten Schacht. Filmisch begleitet wurden die Arbeiten von Philipp Schilcher für eine neue Filmdokumentation.

Im Zuge der Grabungskampagne 2021 wurde eine Felsformation freigelegt, der mit Quarzadern und mit rostfarbenem Eisenoxyd verfüllten Klüften durchzogen ist. Dabei handelt es sich nach der freundlichen Bestimmung durch Dr. Rufus Bertle, GEOGNOS Schruns, um den sog. Eisernen Hut (= Oxydationszone eines Erzganges). Diese Felsformation wurde jetzt weiter freigelegt, wobei sich im bergseitigen Profil zwei verfüllte Gräben zeigten, deren Sohlen 2,5 und 3,1 m unter die heutige Oberfläche reichen. Ob es sich dabei um Pingengräben handelt, in denen oberflächennah Erzgänge ausgeerzt wurden oder in ein Mundloch führen und es sich um Zugänge zu Stollen handelt, können erst die weiteren Untersuchungen ergeben. Dazu soll im September 2023 dieser Bereich erneut geöffnet und erweitert werden, um die Befundsituation zu klären. Auch die Frage wie alt diese Bergbauspuren sind, kann noch nicht beurteilt werden. Dazu müssen zunächst weitere 14C-Radiokarbondatierungen an Holzkohlen durchgeführt werden. 

 
Abb. 4. Der Ausgrabungsschnitt (Schnitt 15) mit Blick auf die nördliche Profilwand. In die Felsformation des Eisernen Huts sind zwei Gräben eingetieft, der rechte reicht 3,1 m unter die heutige Oberfläche. Für beide Gräben kann noch nicht entschieden werden, ob sie in Stollenmundlöchern münden oder Pingengräben zur Auserzung von oberflächennahen Erzgängen darstellen.

Für die Bergbaugeschichte des Montafons können die neuen montanarchäologischen Ausgrabungen als ein Alleinstellungsmerkmal gewertet werden. Mit seinen Anfängen, die bis in keltische und in römische Zeit zurückreichen, kann das Montanrevier eine wahrscheinlich kontinuierliche Bergbaugeschichte bis in das Spätmittelalter vorweisen. Hier wurden in sicherlich wechselnden Intensitäten über etwa 1500 Jahre Eisenerze, Kupfererze und Silber abgebaut und gewonnen. Dies alles macht das Montanrevier so besonders und einzigartig im gesamten Alpenraum!

Danksagung

Unser Dank gilt für ihr freundliches Entgegenkommen der Grundeigentümerin Waltraud Tschofen, der Gemeinde Bartholomäberg mit ihrem Bauhof und Bürgermeister Martin Vallaster für sein Interesse und für seine Unterstützung. Unser besonderer Dank gilt Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth, Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe in Künzelsau, der die neuen Forschungen und Ausgrabungen über drei Jahre von 2022-2024 ermöglicht und unterstützt.