Krämpfe

Arzneipflanzen mit ausschließlich auf die Indikation Krampflösung ausgerichteten Eigenschaften sind selten. Bilsenkraut und Tollkirsche sind Beispiele dafür. Die in diesen Pflanzen vorkommenden Alkaloide sind für den Effekt verantwortlich, entfalten aber auch erhebliche zusätzliche Wirkungen (beide Pflanzen sind wegen der Alkaloide stark giftig). Aus diesem Grund ist die Dosierung heikel und die Pflanzen können nur eingeschränkt — vor allem bei Gallenkrämpfen — eingesetzt werden.

Anders ist das ebenfalls Alkaloid-führende Schöllkraut einzuschätzen. Die Pflanze hat eine spasmolytische Wirkung auf den oberen Verdauungstrakt, d.h. sie wirkt bei krampfartigen Beschwerden im Gastrointestinaltrakt und im Bereich der Gallenwege.

Die übrigen auf diesem Beet vorgestellten Arzneipflanzen zeigen Krampflösung als Nebenwirkung. Überschaut man das Beet, so fällt auf, dass Aromapflanzen, wie Anis, Fenchel, Kümmel und Pfefferminze überwiegen. Die darin enthaltenen ätherischen Öle sind die wirksamen Bestandteile. In Anbetracht der vielen Aromapflanzen in der Natur ist die Annahme richtig, dass die Zahl der aromatischen Arzneipflanzen mit krampflösenden Nebenwirkungen vergleichsweise groß ist. Die Anwendungsgebiete sind Atemwege, Verdauung und bei äußerlichem Gebrauch Muskelverspannungen.

Die Kamille repräsentiert eine Gruppe von Arzneipflanzen, bei der die Stoffklasse der Flavonoide zu den krampflösenden Eigenschaften beiträgt. Die Flavonoide sind keine aromatischen Stoffe, so dass sie die Sinne nicht reizen und nur mit chemischen Verfahren zu erkennen sind. Sie sind vielfältig wirksam und einige von ihnen besitzen spasmolytische Wirkungen. Die Flavonoide kommen ebenfalls in sehr vielen Arzneipflanzen vor. Wir finden sie mehr oder weniger ausgeprägt in Objekten mit den Hauptanwendungen Atemwege, Harnwege und Verdauung.

Baldrian ist eine Arzneipflanze, deren spasmolytisches Prinzip unklar ist. Möglicherweise kommt der Effekt indirekt zustande über die Beruhigung des Nervensystems und einer sich daraus ergebenden allgemeinen Entspannung.

Erntegut und Sammelzeit

Arzneipflanze

Erntegut

Erntezeit

Anis Früchte Beginnende Fruchtreife
Baldrian Wurzel und Rhizom Herbst oder Frühjahr
Fenchel Früchte August bis September
Kamille Blüten (aus botanischer Sicht Blütenstände) Kurz vor der Vollblüte
Kümmel Früchte Vor der Vollreife
Pfefferminze Blätter Vor der Blüte

 

Anwendungsweise

Die Arzneipflanzen werden überwiegend als Teeaufguss verwendet. Bei Bilsenkraut und Tollkirsche werden nur die Reinalkaloide Scopolamin bzw. Atropin eingesetzt.

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Tollkirsche (Deadly Nightshade) Atropa bella-donna L.

Botanik
FAMILIE: Nachtschattengewächse (Solanaceae).
HABITUS: 1 bis 2 m hohe, aufrechte, krautige Staude.
BLÄTTER: Paarweise Anordnung, wobei ein größeres und eine kleineres Blatt zusammen stehen.
BLÜTEN: Violett, glockige Blumenkrone.
BLÜTEZEIT: Juni bis August.
FRÜCHTE: Knapp kirschgroße, schwarze, selten gelbe Beeren.
VERBREITUNG: Westliches Europa, Balkan, Iran, Nordafrika. Bei uns in lichten Laubwäldern, an Waldrändern auf nährstoffreichen, meist kalkhaltigen und lehmigen Böden.

Pharmazie
ERNTEGUT: Blätter und blühende Zweigspitzen. Zur Ruhezeit Wurzel und Wurzelstock.
INHALTSSTOFFE: 1) Oberirdisches Erntegut: • Tropan-Alkaloide. Die Hauptalkaloide sind S-(-)-Hyoscyamin und S-(-)-Scopolamin. Der Gesamt-Gehalt in den Pflanzen liegt zwischen 0,27 - 0,51 %. Die Zusammensetzung der Blätter: Die getrockneten Blätter sollen mindestens 0,3 % Gesamtalkaloide enthalten, berechnet als S-(-)-Hyoscyamin. Dieses macht in frischen Blättern nahezu 90 % der Alkaloidfraktion aus. Beim Trocknen geht es in das Racemat Atropin über. Weitere Alkaloide sind Apoatropin (um 7 % des Gesamt-Alkaloidgehaltes), S-(-)-Scopolamin  (um 2 %), die N-Oxide dieser Verbindungen und Belladonnin sowie in sehr kleinen Mengen Nicotin. • Flavonoide (nichtbasische Inhaltsstoffe) mit Abkömmlingen vom Quercetin und Kämpferol. •Cumarine, vor allem das Scopolin (ß-D-Glucosid vom 7-Hydoxy-6-methoxycumarin). 2) Wurzeln und Wurzelstock: Der Gesamtalkaloidgehalt liegt bei 0,3 – 1,2 %. Das Alkaloidspektrum ist dem der Blätter ähnlich; insgesamt, d.h. einschließlich der Nebenalkaloide, aber etwas größer.
VERARBEITUNG: Extrakte und Tinktur.

Giftpflanze
Sehr stark giftig, d.h. Gefährdung schon nach Aufnahme geringer Pflanzenmengen. Näheres hierzu ist unter „Tollkirsche“ im Arzneipflanzenbeet „Gifte“ beschrieben.

Medizinische Verwendung
Die Blätter in Form von gepulverter Droge und Extrakt zur Herstellung von Mitteln gegen Krämpfe und kolikartige Schmerzen im Bereich des Gastrointestinaltraktes und der Gallenwege. Die Wurzeln zur Reindarstellung der Alkaloide. - Von dem Blattpulver gelten 50 bis 100 mg (maximal 200 mg) als Einzeldosis. Vornehmlich wird aber die Tinktur aus den Blättern eingesetzt.
Bewertung. Belladonna-Zubereitungen sind für eine Selbstmedikation nicht geeignet; sie sind verschreibungspflichtig und gehören zu den stark wirksamen pflanzlichen Arzneimitteln für den Magen-Darm-Bereich. Die Anwendungen bei Schmerzen und krampfartigen Beschwerden sind erst sinnvoll, nachdem andere Mittel nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt haben. Wenn nach Einnahme Mundtrockenheit oder leichtes Flimmern vor den Augen bzw. eine Pupillenerweiterung beobachtet werden, ist die Verringerung der Dosis notwendig. In der Schulmedizin geben die genannten systemischen Nebenwirkungen die Veranlassung, Belladonna-Präparate als überholte Arzneimittel einzustufen.

Wirkungsbild. Die Wirkungen der Belladonna-Drogen entsprechen denen von S-(-)-Hyoscyamin bzw. dem des Atropins, d.h. so genannte parasympatholytisch/anticholinergische Wirkungen mit einer allgemeinen Erschlaffung der glatten Muskulatur und einer Aufhebung spastischer Zustände vor allem im Bereich des Gastrointestinaltrakts und der Gallenwege. In höheren Dosen beobachtet man eine zentralerregende Wirkung (Antagonisierung der Wirkungen von Acetylcholin an Ganglien und motorischen Endplatten sowie seiner Transmitterfunktion im Gehirn). Die anticholinerge Aktivität einer Belladonna-Tinktur ist größer als der Alkaloidgehalt erwarten lässt. Daraus ist auf eine Mitwirkung weiterer Drogeninhaltsstoffe zu schließen. Es ist nicht geklärt, ob die krampflösend wirkenden Flavonoide für diesen Effekt verantwortlich sind.

Homöopathie: „Atropa belladonna“ (Belladonna). Verwendet wird die am Ende der Blütezeit gesammelte, ganze frische Pflanze ohne die verholzten unteren Stängelteile. Für Verdünnungen bis D3 besteht Verschreibungspflicht. Einsatzgebiete sind hochfieberhaften Entzündungen der Mandeln, Atemorgane, des Magen-Darm-Kanals, der Harn- und Geschlechtsorgane, der Gehirnhäute und der Gelenke eingesetzt. - „Atropa belladonna Rh“. Verwendet wird die ganze, frische, am Ende der Blütezeit gesammelte Pflanze ohne die unteren Stängelteile. Die Urtinktur wird hergestellt durch vollständiges Vergären des Presssaftes frischer Pflanzen im tageszeitlichen Warm-Kalt-Rhythmus.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Die Wurzel wurde in einem Weindekokt als „Bulgarische Kur“ gegen Parkinsonismus genutzt. Diese Anwendung ist nicht mehr vertretbar, weil die therapeutische Breite des Mittels zu gering ist. Äußerlich wurden Auszüge der Blätter in Pflastern bei Rheumatismus zusammen mit Arnika und Cayennepfeffer eingesetzt. Bekannt ist das sog. ABC-Pflaster (Arnica-Belladonna-Capsicum). Die Wirkstoffe erhöhen beim Kontakt mit der Haut die Durchblutung und sollen durch die gesteigerte Wärme einen heilenden Effekt haben. Heute enthält das ABC-Pflaster als Wirkstoff lediglich Capsaicin aus Cayennepfeffer (Capsicum frutescens). Auf die anderen beiden Zusätze kann offenbar ohne sonderliche Wirkungseinbuße verzichtet werden.

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Wiesen-Kümmel (Caraway) Carum carvi L.

Botanik
FAMILIE: Doldenblütler (Apiaceae).
HABITUS: Bis 80 cm hohes, zweijähriges Kraut. Die Pflanze entwickelt erst im zweiten Jahr Blüten und Früchte.
BLÄTTER: 2- bis 3-fach gegliedert, kahl. Untere Fiedern typisch kreuzartig angeordnet.
BLÜTEN: Zusammengesetzte Dolden. Die Krone der Einzelblüte ist weiß bis rötlich mit fünf nur 1,5 mm großen Korollblättern.
BLÜTEZEIT: Mai bis Juli.
FRÜCHTE: Bei der Reife in die typischen sichelförmigen Teilfrüchte zerfallend.
VERBREITUNG: Eurasien, Marokko, Anbau. Bei uns wächst Kümmel auf Fettwiesen und –weiden mit nährstoffreichen, lehmigen Böden. Im Garten wird er im Mai an Ort und Stelle ausgesät; die Keimung erfolgt nach 2 bis 3 Wochen.

Pharmazie
ERNTEGUT: Früchte, kurz vor der Vollreife gesammelt, d.h. sobald das Kraut anfängt gelb zu werden.
INHALTSSTOFFE: • 3 – 7 % Ätherisches Öl
, besteht zu 50 – 65 % aus S-(+)-Carvon und weiteren Monoterpenen, wie vor allem R-(+)-Limonen. • 10 – 18 % fettes Öl, enthält 40 bis 50% einfach ungesättigte Petroselinsäure (18: 1, ∆6); ferner etwa 30 % Ölsäure (18:1, ∆9). • Weitere nichtflüchtige Bestandteile sind Flavonoide (0,04%), Phenolderivate und Depside (0,35%) sowie Spuren Cumarine (u.a. Herniarin und Umbelliferon) .
VERARBEITUNG: • Teeaufguss der zerstoßenen Früchte. • Das aus den Früchten mit Wasserdampf destillierte ätherische Öl.
Kümmel und vor allem Kümmelöl werden häufig in Fertigpräparten zusammen mit Pfefferminze, Fenchel oder Kamille und weiteren magenwirksamen Drogen verarbeitet.

Medizinische Verwendung
Krampfartige Beschwerden im Magen-Darm-Bereich. 
Blähungen und Völlegefühl. Verdauungsbeschwerden bei Säuglingen. - 1 bis 2 Teelöffel voll Kümmel werden unmittelbar vor Gebrauch gequetscht und mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergossen. Nach 10 bis 15 Minuten wird durch ein Teesieb abgegossen.
Das ätherische Öl kann zu 10 % mit Olivenöl vermischt werden und dann als Einreibung auf die Bauchhaut bei Kleinkindern zur Behandlung von Blähungen und Bauchschmerzen eingesetzt werden.
Bewertung. Kümmel wird als starkes, pflanzliches Spasmolytikum eingestuft; er ist damit wirkungsmäßig dem Fenchel und Anis verwandt. Da Kümmel auch verdauungsfördernd wirkt, wird er vielfach schwer verdaulichen Mahlzeiten zugesetzt. Die Wirkungen sind dem ätherischen Öl zuzuschreiben. Die beim üblichen Würzen mit Kümmel applizierten Mengen an ätherischem Öl erreichen nicht den Bereich therapeutisch wirksamer Dosen. - Zusammenhänge zwischen den Inhaltsstoffen und der in der Volksheilkunde vielfach erwähnten galaktogogen (milchtreibenden) Wirkung sind ungeklärt, wie auch die Wirkungen als solche wissenschaftlich nicht belegt sind.

Homöopathie: „Carvum carvi“. Die getrockneten, reifen Früchte. „Carum carvi äthanol. Decoctum“. Ein äthanolisches Decoctum aus den getrockneten, reifen Früchten mit mindestens 4 % ätherischem Öl. Die sog. Aufbereitungskommission D des Bundesgesundheitsamtes, welche die medizinische Bewertung als Homöopathikum vornimmt, beurteilt die Anwendungsgebiete mit „nicht ausreichend belegt“ und verzichtet auf nähere Angaben.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Blähungen und Völlegefühl, nervöse Herz-Magen-Beschwerden. Milchtreibendes Mittel (Galaktagogum) bei stillenden Frauen, menstruationsfördernd (Emenagogum). Dosierung: ½ Teelöffel frisch angestoßene Früchte mit kochendem Wasser versetzen und nach 10 bis 15 Minuten abgießen.

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Gewöhnliches Schöllkraut (Greater Celadine) Chelidonium majus L.

Botanik
FAMILIE: Mohngewächse (Papaveraceae).
HABITUS: Ausdauerndes Kraut, bis 6o cm hoch. Alle Pflanzenteile führen einen orangefarbenen Milchsaft.
BLÄTTER: Buchtig-fiederteilig, unterseits blaugrün.
BLÜTEN: 2 Kelchblätter, 4 gelbe Kronblätter.
BLÜTEZEIT: Mai bis Oktober.
VERBREITUNG: Europa, kalte und gemäßigte Gebiete Asiens. Bei uns gehört die verbreitet auftretende Pflanze zur so genannten Schutt- und Wegrandunkrautgesellschaft; sie gedeiht auf frischen, nährstoffreichen und meist lehmigen Böden.

Pharmazie
ERNTEGUT: Oberirdische Teile, zur Blütezeit gesammelt. Die getrockneten Organe verlieren im Verlauf weniger Monate Lagerzeit die krampflösenden Eigenschaften. Alkoholische Auszüge oder Trockenextrakte sind stabiler.
INHALTSSTOFFE: • Je nach Herkunft und Trocknungsbedingungen 0,1 – 1 % Alkaloide.
 Die Alkaloidfraktion umfasst mehr als 20 Einzelstoffe. Hervorzuheben sind die Benzylisochinolinabkömmlinge Berberin, Chelidonin, Chelerythrin, Coptisin (Hauptalkaloid), Protopin, Sanguinarin und Stylopin. • Pflanzensäuren: Chelidonsäure, Citronensäure, Äpfelsäure und Bernsteinsäure vor. Die Alkaloide liegen im Milchsaft der Pflanze als Salze der Pflanzensäuren vor. Für die Gelbfärbung sind einige der Pflanzensäuresalze der Alkaloide verantwortlich, u. a. die des Sanguinarins. • Im Milchsaft befinden sich ferner proteolytische (Eiweiß verdauende) Enzyme.
VERARBEITUNG: Teeaufguss (selten), alkoholische Auszüge oder Trockenextrakte.

Medizinische Verwendung
Krampfartige Beschwerden im Bereich der Gallenwege und des Magen-Darmtraktes.
- Die mittlere Tagesdosis beträgt 2 bis 5 g Droge.
Bewertung. Die Wirkungen können bis heute nicht mit ausreichend zuverlässigen Untersuchungsergebnissen aus dem experimentellen, wie auch aus dem klinischen Bereich belegt werden. Die Schulmedizin betrachtet die Verwendung von Schöllkraut insgesamt als zweifelhaftes Therapieprinzip. Im Versuch an isolierten Tierorganen ließ sich nur marginale Spasmolyse feststellen. Über einige isolierte Alkaloide gibt es folgende Angaben: Berberin (galletreibend), Chelerythrin (zentrallähmend, schleimhautreizend und schwach antimitotisch), Chelidonin (schwach analgetisch, zentral sedativ und spasmolytisch wirkend auf die glatte Muskulatur), Sanguinarin (Acetylcholinesterase-Hemmstoff). Nicht geklärt ist, welche Effekte die Komponenten im Drogenverband bei oraler Applikation zur Geltung bringen; allein über die Absorption (Aufnahme nach oraler Gabe) der Komponenten besteht Unklarheit. So dürfte die Absorptionsquote der quartären Basen (Berberin, Chelerythrin, Sanguinarin,) gering sein. Es resultiert für die Pflanze der Befund: Leicht krampflösende Wirkung am oberen Verdauungstrakt und schwach beruhigende sowie cholagoge Eigenschaften.

Nebenwirkungen bzw. Risiken. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat ab Mai 2008 die Zulassung für hochdosierte Schöllkrautpräparate widerrufen aufgrund des Verdachts einer leberschädigenden Wirkung. Der Widerrruf bezieht sich auf Schöllkraut-haltige Arzneimittel und auf Tees, die als Tagesdosis mehr als 2,5 mg Gesamtalkaloide, berechnet am Leitalkaloid Chelidonin, enthalten. Für niedriger dosierte Präparate müssen in den Fach- und Gebrauchsinformationen ab Juni 2008 Lebererkrankungen als Nebenwirkung aufgeführt werden. Die Präparate sind auch kontraindiziert bei gleichzeitiger Einnahme anderer leberschädigender Medikamente, Schwangerschaft und Stillzeit. Bei einer Einnahme länger als vier Wochen soll der Arzt die Leberenzyme prüfen. Sind Anzeichen von Leberschäden zu beobachten, soll die Anwendung gestoppt werden. - Da ein Gramm der offizinellen Arzneibuch-Droge mindestens 6 mg Gesamtalkaloide enthalten soll, liegt die üblicherweise empfohlene Tagesdosis für die Droge, s.o. (= 12 bis 30 mg Gesamtalkaloide) vergleichsweise hoch.

Homöopathie. •„Chelidonium majus (Chelidonium)“. Der frische Wurzelstock mit anhängenden Wurzeln. Anwendung bei Entzündungen, Steinbildungen und chronischen Störungen des Leber-Galle-Systems; Entzündungen der Atemorgane und des Rippenfelles. Rheumatismus. • „Chelidonium majus Rh “. Der Frische Wurzelstock mit anhängenden Wurzeln. Dieses Präparat gehört zur anthroposophischen Therapierichtung und bezeichnet mit „RH“ eine Herstellungsweise, die rhythmische Bewegungen als Hauptcharakteristikum hat. • „Chelidonium majus e floribus, äthanol. Digestio“. Die frischen Blüten. Der Entzug der Zulassungen für Verdünnungen von weniger als D4 ist angekündigt.

VOLKSTÜML.VERWENDUNG: Gallenblasen- und Leberleiden, Magenkrebs. 1 ½ Esslöffel getrocknetes Kraut lässt man 10 Minuten lang in 1 Liter kochendem Wasser ziehen und trinkt 3 Tassen am Tag zwischen den Mahlzeiten. Die innerliche Anwendung selbst hergestellter Teeaufgüsse ist nicht mehr zu vertreten. Laien, die Schöllkraut-haltige Zubereitungen gegen "Galle- und Lebererkrankungen" einnehmen, werden lebertoxische Effekte in der Regel nicht erkennen, sondern Verschlimmerungen ihres Leidens auf die Grunderkrankung zurückführen.
- Der Milchsaft äußerlich gegen Warzen.

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Garten-Fenchel (Finnochio) Foeniculum vulgare MILL.

Botanik
FAMILIE: Doldenblütler (Apiaceae).
HABITUS: Zweijähriges bis ausdauerndes Kraut. Im zweiten Jahr mannshoher, feingerillter, markiger bis hohler Stängel. Stark würziger Geruch.
BLÄTTER: Lange Blattscheiden, Spreite mehrfach gefiedert, die Zipfel fädig.
BLÜTEN: Doppeldolden bis 15 cm im Durchmesser. Hülle und Hüllblättchen fehlen. Sehr kleine Blüten mit sattgelben , bis 1 mm langen Kronblättern.
BLÜTEZEIT: Juli bis September.
FRÜCHTE: Bis 10 mm lange Spaltfrüchte. Innenseiten der Teilfrüchte mit vorspringenden Ölstriemen gerillt.
VERBREITUNG: Europa bis Vorderasien; Kulturpflanze. Im Garten wird Fenchel zunächst im Saatbeet angezogen (Keimdauer 3 Wochen) und erst im nächsten Frühjahr ins Freie ausgepflanzt. Die Kultur hält etwa 3 Jahre lang.

Pharmazie
ERNTEGUT: Reife Früchte.
INHALTSSTOFFE: • 0,8 – 8,5 % Ätherisches Öl.
 Davon sind 50 – 75 % trans-Anethol, 2 – 33 % Fenchon, 2 – 5 % Estragol und ein kleiner Teil der Monoterpene alpha-Pinen, Limonen und gamma-Fenchen als spezifischer Bestandteil des Bitterfenchels. Problematisch könnte ein zu hoher Anteil an Estragol werden; s. u. Der Estragol-Gehalt darf 5 % nicht übersteigen..
• Fettes Öl. Der Gehalt schwankt zwischen 9 und 21 %. Die Hauptfettsäure in den Triglycerolen ist Petroselinsäure (18 : 6, ∆6). • Weitere Stoffe: Pflanzensäuren, Cumarine und Flavonoide kommen in kleinen Mengen vor; die Naturstoffe sind für die Bewertung der Droge unbedeutend.

VERARBEITUNG: Teeaufguss der zerstoßenen Früchte. Fenchelhonig, Fenchelsirup. - Fenchelauszüge  werden nicht selten auch mit Auszügen anderer Drogen zu Fertigpräparaten gemischt, wie z.B. mit Extrakten von Kamillenblüten, Kümmel, Pfefferminzblättern und Pomeranzenschalen zur Unterstützung der Verdauungsfunktionen.

Medizinische Verwendung
1) Leichte, krampfartige Magen-Darmbeschwerden, Völlegefühl und Blähungen. 2) Katarrhe der oberen Luftwege.
 Dosierung: 1 bis 3 Teelöffel voll Fenchel werden zerquetscht, mit etwa 150 mL siedendem Wasser übergossen, 5 bis 10 Minuten lang bedeckt stehen gelassen und dann durch ein Teesieb gegeben. 2- bis 4-mal täglich eine Tasse frisch bereiteten Aufguss warm trinken. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann der Aufguss auch zum Verdünnen von Milch oder Breinahrung verwendet werden.

Hinweise: 1) Die Früchte sollen erst unmittelbar vor der Verwendung gequetscht werden (am besten in einem Mörser mit dem Pistill quetschen oder mit dem Fleischklopfer auf einem Holzbrett zerdrücken). Auf diese Weise wird das ätherische Öl zugänglich, das sich in der unversehrten Frucht separat in geschlossenen Gängen (Exkretgänge) befindet. Werden die beschädigten Früchte aufbewahrt, so verdunstet bald das freigesetzte ätherische Öl. Somit sind diese nicht lagerfähig. 2) Das oben erwähnte, im Tierversuch toxische Estragol kommt bei üblicher Anwendung der Früchte in einer Menge (maximal 0,1 mg) zur Aufnahme, die für den Menschen unbedenklich ist. Zudem ist der Gebrauch von Fenchel über einen längeren Zeitraum nicht üblich.

Bewertung. Das ätherische Fenchelöl ist der wertbestimmende Bestandteil der Früchte. Fenchel hat vor allem antimikrobielle, krampflösende, sekretolytische und carminative Wirkungen. Der Vorteil gegenüber der „Paralleldroge“ Anis ist das höhere Desinfektionsvermögen. Das Fenchelöl übertrifft die Desinfektionskraft des als Standard früher vielfach eingesetzten Phenols um das 13-Fache. Das oben erwähnte Estragol wirkt bei Nagetieren karzinogen auf das Lebergewebe. Da aber zwischen den Nagern und Mensch unterschiedliche Wege im so genannten Phenylpropanstoffwechsel bestehen (Estragol ist ein Phenylpropankörper), sind Rückschlüsse auf das Risiko für den Menschen nur bedingt möglich. Für den Menschen gibt es keine Hinweise auf ein Risiko bei langandauernder Anwendung.

Homöopathie: „Foeniculum vulgare“ (Foeniculum). Verwendet werden die getrockneten, reifen Früchte. Die Anwendung wird in der Aufbereitungsmonographie der Kommission D am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) negativ bewertet. - „Foeniculum vulgare, äthanol. Decoctum“. Verwendet werden die getrockneten reifen Früchte. Die Anwendungsgebiete leiten sich aus der anthroposophischen Therapierichtung ab.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Verdauungsbeschwerden und Husten; bei Dyspepsien mit Durchfall bei Säuglingen. Zur Stimulation der Milchsekretion. Dosierung: 3-mal täglich 0,3 bis 0,6 g gepulverte Droge einnehmen; oder 1 Teelöffel zerstoßene Früchte auf eine Tasse als Teeaufguss. Äußerlich bei Augenbindehautentzündung in Form von Augenkompressen (Augenwasser, d.h. eine Fencheltinktur wird mit Wasser um das 10-fache verdünnt). Die Wirkungen als Galaktogogum und gegen Konjunktivitis (Augenbindehautentzündung) sind nicht belegt.

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Schwarzes Bilsenkraut (Black Henbane) Hyoscyamus niger L.

Botanik
FAMILIE: Nachtschattengewächse (Solanaceae).
HABITUS: Bis 80 cm hohes, aufrechtes Kraut. Klebrig-zottig. Ein- bis zweijährig.
BLÄTTER: Buchtig-fiederspaltig gezähnt, unten gestielt, oben halb-stängelumfassend.
BLÜTEN: In den Blattachseln. Krone schmutzig-gelb, auffällige dunkelviolette Aderung.
BLÜTEZEIT: Juni bis Oktober.
FRÜCHTE: So genannte, bis 1,5 cm lange Deckelkapseln mit bis zu 200 Samen.
VERBREITUNG: Europa, Nord- u. Westasien, Nordafrika. Bilsenkraut gehört zur Schuttunkrautgesellschaft. Es wächst an Wegrändern, Mauern usw. auf frischen, nährstoff- und stickstoffreichen Sand- oder Lehmböden. Die Pflanze steht unter Schutz nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (18.12.2000).

Giftpflanze
sehr stark giftig,  d.h. Gefährdung schon nach Aufnahme geringer Pflanzenmengen. Über die Giftwirkungen des Bilsenkrauts sind Angaben im Beet „Gifte“ vermerkt.

Pharmazie
ERNTEGUT: Blätter und blühende Zweigspitzen.
INHALTSSTOFFE: • Tropan-Alkaloide. In trockenen, oberirdischen Teilen insgesamt 0,13 %. Das Hauptalkaloid ist S-(-)-Hyoscyamin bzw. dessen Racemat  Atropin (60 % des Gesamtgehaltes), daneben kommt S-(-)-Scopolamin vor. Das Verhältnis Hyoscyamin/Atropin zu Scopolamin ist 2 : 1, d.h. es kommt vergleichsweise viel Scopolamin vor. Daneben findet man Spuren von alpha- und beta-Belladonnin, Tropin, Apoatropin und Apohyoscin vor. • Flavonoide, zu diesen Inhaltsstoffen ohne Alkaloidcharakter gehört hauptsächlich Rutosid mit 0,05 % des Trockengewichts).
VERARBEITUNG: Bestandteil von Teegemischen.

Medizinische Verwendung
Bei Krämpfen im Bereich des Gastrointestinaltraktes. Die zerkleinerten Blätter wurden, z.B. bis zu 0,5 g pro Einzeldosis in Teegemischen eingesetzt. Der Vorteil dieser Beimengung in Teegemischen ist, dass wegen des niedrigen Alkaloid-Gehaltes eine vergleichsweise große Drogenmenge (etwa 10 %) zum Einsatz kommt und diese eine homogene Verteilung unter den anderen Teebestandteilen gewährleistet.

Wirkungsbild. Die Wirkungen der Pflanze werden von den Alkaloiden Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin bestimmt. Es kommt zur Spasmolyse der glatten Muskulatur des Magen-Darm-Traktes, der Harnwege und Bronchien, zur Einschränkung der Sekretion verschiedener Drüsen und am Auge zur Akkomodationslähmung und Myadriasis (Pupillenerweiterung). Auf Grund des relativ hohen Gehaltes an Scopolamin, das im Gegensatz zu Atropin bereits in niederen Dosen sedierend bis einschläfernd wirkt, stehen in zentraler Hinsicht Dämpfungserscheinungen im Vordergrund. – Pharmakologisch betrachtet wirken die Alkaloide als Antagonisten des neuromuskulären Transmitters Acetylcholins. Die Wirksamkeit des Acetylcholin wird kompetitiv am Rezeptor gehemmt. Der Antagonismus betrifft die muskarinähnliche  Wirkung des Acetylcholins; d.h. eine Wirkung an Ganglien und der motorioschen Endplatte tritt nicht auf.

Bewertung. Das Bilsenkraut gehört neben den Blättern der Tollkirsche zu den starken krampflösenden Arzneipflanzen. Die Droge wird nur noch selten eingesetzt. Gründe hierfür sind die ungenaue Dosierbarkeit durch natürliche Schwankungen im Wirkstoffgehalt der Droge und die gute Verfügbarkeit sowie Dosierbarkeit der reinen Wirkstoffe im Bedarfsfall. Die Verwendung des Bilsenkrautes in Arzneipräparaten ist verschreibungspflichtig. Für eine Selbstmedikation ist das Kraut nicht geeignet - Die Nebenwirkungen sind Akkomodationsstörungen (Verschlechterung der Anpassungsfähigkeit des Auges an die Umgebung), Miktionstörung (Blasenentleerungsstörungen), Mundtrockenheit und Tachykardie (Herzrhythmusstörungen). Gegenindikationen für die Anwendung sind tachykarde Arrhythmien, Prostataadenom mit Restharn, Engwinkelglaukom und Megakolon (massive Erweiterung des Dickdarms).

Homöopathie. „Hyoscyamus niger (Hyoscyamus)“. Verwendet wird die ganze, frische, blühende Pflanze. Anwendungsgebiete sind Unruhe und Erregungszustände, Schlafstörungen, spastische Zustände der Atemwege und Verdauungsorgane. Streukügelchen ab Verdünnungspotenz D2, Salben ab D3, flüssige Verdünnungen ab D4. Verschreibungspflichtig bis einschließlich D3.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Wie oben bei Krämpfen. Äußerlich Bestandteil von Hexensalben. Gemeinsam mit Tabak zur Erzeugung von Halluzinationen.

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Echte Kamille (Chamomile) Matricaria chamomilla L. (Matricaria recutita L., Chamomilla recutita(L.) RAUSCHERT)

Botanik
FAMILIE: Korbblütler (Asteraceae).
HABITUS: Einjähriges Kraut, um 40 cm hoch, aufrecht.
BLÄTTER: 2- bis 3-fach fiederteilig, schmal-linealisch, wechselständig.
BLÜTEN: Etwa 2,5 cm breite Köpfchen mit hohlem Blütenstandsboden. Zungenblüten weiß, Röhrenblüten goldgelb.
BLÜTEZEIT: Mai bis September.
VERBREITUNG: Europa bis 60° nördl. Breite, gemäßigtes Asien. Kamille  gehört zur sog. Getreideunkrautgesellschaft. Bei uns  kommt sie noch oft an Wegrändern, auf Ödland und an Getreidefeldern vor. Bevorzugt werden nährstoffreiche, kalkärmere, sandige und tonige Lehmböden. Der Anbau spezieller Zuchtsorten ist in Deutschland möglich.

Pharmazie
ERNTEGUT: Blütenköpfe, zu Beginn der Blüte gesammelt.
INHALTSSTOFFE: • 0,3 – 1,5 % Ätherisches Öl mit bis zu 15 % dunkelblauem Chamazulen, das bei der Destillation aus dem Bitterstoff Matricin hervorgeht. Mengenmäßig bedeutungsvoller sind im ätherischen Öl Sesquiterpenverbindungen aus der Gruppe der Bisabolole [(-)-alpha-Bisabolol, Bisabololoxide A bis C und Bisabolonoxid A], die bis 33 % ausmachen sowie trans-beta-Farnesen (bis 45 % des Öls). Ferner enthält das Öl die cis- und trans-En-In-Dicycloether, die im präparativ gewonnenen Öl 25 % betragen können. • Flavonoide (in den Zungenblüten bis zu 5 % Apigenin-7-glucosid). • Schleimstoffe bis 10 %.
VERARBEITUNG: Teeaufguss, Tinktur, Fluidextrakt.

Medizinische Verwendung
Die Kamille und Kamillenextrakte sind typische populäre Hausmittel. Es ist bemerkenswert, dass es über den therapeutischen Nutzen der Kamille sehr wohl Hinweise gibt aber kaum aussagekräftige klinische Untersuchungsergebnisse. So sind hier Erfahrungen aus der Praxis tonangebend.

Innerlich:
• Gastro-intestinale Spasmen und entzündliche Erkrankungen des Gastro-Intestinal-Traktes.
• Magen-Darm-Beschwerden
• Reizung der Mund- und Rachenschleimhaut sowie der oberen Atemwege.
Äußerlich:
• Haut- und Schleimhautentzündungen sowie bakterielle Hauterkrankungen einschließlich der Mundhöhle und des Zahnfleisches.
• Entzündliche Erkrankungen und Reizzustände der Luftwege (Inhalationen).
• Entzündungen im Anal- und Genitalbereich (Bäder und Spülungen).
• Für Bäder und Spülungen bei Haut- und Schleimhautentzündungen sowie bakteriellen Hauterkrankungen, wie Nachbehandlung eröffneter Furunkel und infizierte Wunden. Als Sitzbad bei entzündlichen Erkrankungen des Analbereiches, Afterjucken, nach Operationen, zur Linderung der Beschwerden bei Hämorrhoiden, Analekzemen, Analfissuren bei perianalem Ekzem, entzündlichen Erkrankungen im Genitalbereich, zur Nachbehandlung von vaginalen Operationswunden.

Dosierungen: Ein gehäufter Esslöffel voll Kamillenblüten (etwa 3 g) wird mit heißem Wasser (ca. 150 mL) übergossen, zugedeckt und nach 5 bis 10 Minuten durch ein Teesieb filtriert. Bei Erkrankungen im Magen-Darm-Bereich wird 3- bis 4-mal täglich eine Tasse frisch bereiteter Tee zwischen den Mahlzeiten getrunken. Zur Bereitung eines Dampfbades 1 bis 2 Esslöffel (= ca. 6 g) Kamillenblüten mit heißem Wasser übergießen. Bei Entzündungen der Schleimhaut im Mund- und Rachenbereich wird mit dem frisch bereiteten Tee mehrmals täglich gespült oder gegurgelt. Da im Drogenrückstand bis zu 70 % des ätherischen Öls zurückbleiben, ist die Verwendung wässrig-alkoholischer, standardisierter Auszüge vorteilhaft. Geschmacklich besonders aromatisch sind diese, wenn sie aus frischen Blüten zubereitet wurden. Eine beliebte Arzneiform ist der Kamillenfluidextrakt.

Wirkungsbild:
• Spasmolytisch (krampflösend): Diese Eigenschaft wurde an Darmpräparaten des Meerschweinchens geprüft und ergab für Apigenin,  (-)-alpha-Bisabolol und die Bisaboloxide relative Wirksamkeiten von 3,29; 0,91 und 0,5 im Vergleich zu dem als Standard häufig eingesetzten Papaverin (= 1,0).
• Entzündungshemmend: Das Kamillenöl und (-)-alpha-Bisabolol zeigten im Tierversuch (Ratte) etwa 12 % bzw. 15 % der Wirkung des als Standard häufig eingesetzten Synthetikums Indometacin.
• Wundheilend: Die Zellregeneration von geschädigter Meerschweinchenhaut wird durch örtliche Anwendung von Kamillenextrakten beschleunigt. Besonders wirksam sind (-)-alpha-Bisabolol und Chamazulen
• Antimikrobiell: Die wirkungsstärksten Inhaltsstoffe gegen Bakterien (Staphylokokken und Streptokokken) sowie Hefe-Pilze (Candidosen) sind (-)-alpha-Bisabolol und die Spiroketalenolether aus der Kamille.

Bewertung. Die Kamille und Kamillenextrakte sind typische, verbreitete Hausmittel. Es ist bemerkenswert, dass es über den therapeutischen Nutzen der Kamille sehr wohl Hinweise gibt aber kaum aussagekräftige klinische Untersuchungsergebnisse. So sind hier Erfahrungen aus der Praxis tonangebend.

Einschränkungen bei der Anwendung.
- Säuglinge unter 4 Wochen.
- Gefahr von Reizerscheinungen bei Anwendung am Auge.
- Reizerscheinungen, die am Auge auftreten können, wenn zur Behandlung von Reizzuständen der Atemwege eine Wasserdampf-Inhalation vorgenommen wird.
- Überempfindlichkeit gegen typische Wirkstoffe oder Pflanzen aus der Familie der Asteraceen (Korbblütler) wie z.B. Beifuß, Schafgarbe, Chrysantheme oder Margerite.
- Hauterkrankungen unklarer Natur.
- Alkoholismus: Der Ethanolgehalt der flüssiger Kamillenzubereitungen ist zu beachten, insbesondere bei Inhalation oder Einnahme per os.

Anmerkung zur Qualität von Kamillenblüten im Handel: Von der Kamille gibt es, wie bei den Kulturpflanzen, zahlreiche Sorten. Besonders hochwertige Kamillensorten kommen aus deutschen Anbaugebieten oder Regionen, in denen Sorten aus deutschen Zuchtbetrieben kultiviert werden. Der Gehalt an Wirkstoffen entspricht oder übertrifft hier den Forderungen der wissenschaftlichen Institutionen. In Filterbeuteln dürften diese Produkte nicht enthalten sein. Darin befindet dich neben Blüten nicht selten ein zerkleinertes, minderwertiges Kamillenkraut.

Homöopathie: „Chamomilla recutita“ (Chamomilla). Verwendet wird die ganze zur Blütezeit gesammelte Pflanze. Anwendungsgebiete sind Entzündungen der Atemorgane, Zahnungsbeschwerden, Entzündungen und Krämpfe der Verdauungsorgane, der weiblichen Geschlechtsorgane, heftige Schmerzzustände, reizbare Verstimmungszustände.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: In Form des Teeaufgusses bei schmerzhaften, mit Krämpfen verbundenen Magen- und Darmstörungen, wie Durchfall und Blähungen, bei entzündlichen Magen- und Darmerkrankungen, wie Gastritis und Enteritis. Als Mundspülung bei Entzündungen der Mund- und Rachenhöhle. In Form heißer Kompressen bei schlecht heilenden Wunden, als Sitzbad bei Abszessen Furunkeln, Hämorrhoiden und Frauenleiden. Als Dampfbad zur Inhalation bei Schnupfen und Bronchitis. Gebräuchlich sind 3 g Kamillenblüten für einen Teeaufguss und 6 g mit heißem Wasser als Dampfbad. - Als Zusatz zu kosmetischen Pflegemitteln.

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Pfeffer-Minze (Peppermint) Mentha x piperita L.

Botanik
FAMLILIE: Lippenblütler (Lamiaceae).
HABITUS: Bis 80 cm hohe ausdauernd-krautige, aromatische Staude. Stängel rot überlaufen, kahl, glänzend.
BLÄTTER: Gestielt, mit gesägtem Rand.
BLÜTEN: Scheinähren. Kronblätter lila.
BLÜTEZEIT: Juni bis Juli.
VERBREITUNG: Europa, Nord-Amerika. Bei uns kommt Pfefferminze nur als Kulturpflanze vor. Sie stellt hohe Ansprüche an die Bodenbeschaffenheit und benötigt einen sonnigen Standort. Da sie steril ist, erfolgt die Vermehrung ausschließlich durch Stecklinge.

Pharmazie
ERNTEGUT: Laubblätter, vor Beginn der Blüte gesammelt und getrocknet.
INHALTSSTOFFE: • 0,5 – 4 % Ätherisches Öl. Von den über 100 Bestandteilen des Öls sind erwähnenswert: Menthol (Anteil im ätherischen Öl: 35 – 45 %), Menthon (15 – 20 %), Cineol (6 – 8 %), Menthofuran (ca. 5 %), Menthylacetat (ca. 4 %), Neomenthol (ca. 3 %), Isomenthon (ca. 2,5 %), Limonen ( ca. 2,5 %) und Pulegon (ca.1 %, höchstens 4 %). • Lamiaceen-Gerbstoffe diese nichtflüchtigen Bestandteile kommen in Mengen um 4 % vor; die chemischen Strukturen nicht eindeutig geklärt. • Phenolkarbonsäuren, wie Kaffeesäurederivate, • Flavonoide. Glykoside mit den Flavonaglykonen Apigenin, Diosmetin und Luteolin.
VERARBEITUNG: Teeaufguss. Die trocknen Blätter sollen im Dunklen lagern und dürfen nicht in Kunststoffbehältern aufbewahrt werden, weil ein Verlust von ätherischem Öl durch Absorption an das Plastikmaterial eintreten kann.

Medizinische Verwendung
Krampfartige Beschwerden im Magen-Darm-Bereich sowie Gallenblase und Gallenwege.
 - Teeaufguss: 1 Esslöffel Blätter werden mit 150 mL heißem Wasser übergossen und nach 5 bis 10 Minuten durch ein Teesieb filtriert. Der höchste Gehalt an extrahierbaren Stoffen ist nach 10 Minuten erreicht. 3- bis 4-mal täglich wird eine Tasse frisch bereiteten Tees zwischen den Mahlzeiten getrunken.

Bewertung. Von den Wirkungen der Pfefferminzblätter sind die krampflösenden Eigenschaften am auffälligsten. Diese lassen sich am isolierten Krummdarm des Meerschweinchens signifikant und dosisabhängig nachweisen. Hinzu kommen antimikrobielle und antivirale Effekte. Zudem ist eine steigernde Wirkung auf die Gallensekretion nachgewiesen. Die Wirkstoffe sind vor allem im ätherischen Öl lokalisiert; die antiviralen Eigenschaften gehen möglicherweise auf die Anwesenheit der Kaffeesäurederivate zurück. In der Schulmedizin hat sich der Stellenwert der Pfeffermize allmählich verringert, weil immer mehr Produkte mit zielgenauerer Indikation auf den Markt gekommen sind. - Das Pfefferminzöl, das mit Hilfe von Wasserdampf aus den Blättern gewonnen wird, hat neben den beschriebenen Wirkungen der Blätter noch weitere Effekte, wie Linderung bei Migräne und Erleichterung von Schnupfenattacken. Auf diese wird hier nicht näher eingegangen.

Hinweis: Bei chronischen Magenbeschwerden ist von einem Dauergebrauch abzuraten, weil das im Aufguss am besten in Lösung gehende Menthol bei empfindlichen Patienten zu Schleimhautreizungen führen kann. Eine Mischung aus gleichen Teilen Pfefferminzblättern mit Kamillenblüten ist für den häufigen Gebrauch geeigneter. – Bei Kleinkindern bis zu 5 Jahren und bei Gallensteinerkrankungen sollte die Droge nicht angewendet werden.

Homöopathie: „Mentha piperita“. Verwendet wird die frische, blühende Pflanze. Anwendungsgebiete sind Erkältungskrankheiten.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Übelkeit wegen Magenfülle, Brechreiz, auch Schwangerschaftserbrechen, Erkältungskrankheiten und Dysmenorrhoe. Die Wirksamkeit bei Übelkeit und leichtem Brechreiz scheint durch Erfahrung gestützt zu sein. Die Dosierung erfolgt wie oben angegeben.

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Anis (Anise, Aniseed) Pimpinella anisum L.

Botanik
FAMILIE: Doldenblütler (Apiaceae).
HABITUS: Bis 50 cm hohes, einjähriges Kraut. Hohe Ansprüche an Boden und Klima stellend. Ganze Pflanze mit Anisgeruch.
BLÄTTER: Untere meist ungeteilt, langgestielt, rundlich, gezähnt; mittlere 3-lappig bis 3-teilig; obere kurzgestielt auf einer schmalen Scheide sitzend.
BLÜTEN: Weiß, 1,5 mm große Kronen. In Doppeldolden. Hüllblätter am Doldengrund fehlend.
BLÜTEZEIT: Juli/August.
FRÜCHTE: Bis 5 mm lange Spaltfrüchte, schwer in die Teilfrüchte spaltbar.
VERBREITUNG: Östliches Mittelmeergebiet. Angebaut in verschiedenen Erdteilen. Bei uns ist die Aussaat im März und April möglich. Keimdauer 2 bis 3 Wochen. Fruchtreife im August. Geeignet nur für warme, trockene Gegenden. Im rauen und feuchten Klima reift die Frucht nicht aus.

Pharmazie
ERNTEGUT: Früchte, die vom geschnittenen, nachgereiften und trockenen Kraut abgedroschen/abgerebelt werden.
INHALTSSTOFFE: • 2,5 – 4 % Ätherisches Öl mit einem Anteil von 80 bis über 95 % an (E)-Anethol. Nebenbestandteile des Öls sind zu etwa 1 % Pseudoisoeugenol-2-methylbutyrat und Estragol, weitere Phenolabkömmlinge und nur 1 - 2 % verschiedene Terpene.
Nichtflüchtige, für die Wirkung bedeutungslose Bestandteile der Anis-Frucht sind • fettes Öl (um 30 % mit der Hauptfettsäure Petroselinsäure, 18 : 1, ∆6), • Flavonoidglykoside; mindestens acht verschiedene Flavon- und Flavonolglykoside • Phenolcarbonsäuren; vor allem Chlorogensäure.
VERARBEITUNG: Teeaufguss.

Medizinische Verwendung
Katarrhe der Atemwege; Magen- und Darmbeschwerden (Krampflöser für Kleinkinder).


Dosierung: 1 bis 2 Teelöffel voll Anis werden gequetscht und mit etwa 150 mL siedendem Wasser übergossen. Nach 10 bis 15 Minuten wird durch ein Teesieb abgegossen. Als schleimlösendes Getränk morgens und/oder abends 1 Tasse trinken. Bei Beschwerden im Magen-Darm-Bereich mehrmals täglich 1 Tasse voll trinken. Säuglinge („Säuglingskoliken“) und Kleinkinder erhalten 1 Teelöffel voll, ggf. in der Flasche.
Hinweis: Die Früchte sollen erst unmittelbar vor der Verwendung gequetscht werden (am besten in einem Mörser mit dem Pistill quetschen oder mit dem Fleischklopfer auf einem Holzbrett zerdrücken). Auf diese Weise wird das ätherische Öl zugänglich, das sich in der unversehrten Frucht separat in geschlossenen Gängen (Exkretgänge) befindet. Werden die beschädigten Früchte aufbewahrt, so verdunstet bald das freigesetzte ätherische Öl. 



Bewertung. Die bewährte Anwendung von Anisfrüchten basiert auf Erfahrung. Die Wirkungen werden hauptsächlich durch das ätherische Öl in seiner Gesamtheit ausgelöst. Wissenschaftlich auswertbare Berichte über die Wirksamkeit in der Humanmedizin liegen nicht vor. Folgende Effekte wurden im Tierversuch bzw. in vitro ermittelt.
• Krampflösende Wirkung: Diese wurde in älteren Studien am isolierten Dünndarm von Kaninchen, Katzen und Ratten nachgewiesen. In wie weit die in vitro ermittelten Effekte auch am Menschen sichtbar zu machen sind, ist unklar. Die Effeke sind schwächer als beim Fenchel und Kümmel.
• Auswurffördernde Wirkung: Bei Tieren (Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten) fördert über eine Magensonde verabfolgtes Anisöl eindeutig das respiratorische Sekretionsvolumen. Der Effekt tritt bei einer Dosierung von 0,7 g/ kg Körpergewicht ein. Als Inhalat per Tracheal-Kanüle angebotenes Anisöl wirkt bereits bei 0,0015 mL/kg Körpergewicht.
• Antimikrobielle Wirkung: Effekte sind vorhanden aber nur schwach ausgeprägt.

Homöopathie: „Anisum“. Verwendet werden die getrockneten, reifen Früchte. Anwendungsgebiete sind Nackenschmerzen und Hexenschuss. „Pimpinella anisum; äthanol. Decoctum“. Verarbeitet werden die getrockneten, reifen Früchte. Die Anwendungsgebiete kommen aus der anthroposophischen Therapierichtung.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Bronchialkatarrh, Keuchhusten, Krampfhusten, Flatulenz mit kolikartigen Schmerzen. Anis ist ein traditionell angewendetes Mittel zur Stärkung und Förderung der Verdauungsfunktion, zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege sowie zur Unterstützung der Milchsekretion. Dosierung: Die getrockneten Früchte als Pulver oder als Infus: Einzeldosis 0,5 bis 1 g jeweils nach den Mahlzeiten einzunehmen. Der Aufguss erfolgt mit siedendem Wasser und nach 10 bis 15 Minuten wird durch ein Teesieb abgegossen. Bei Durchfallerkrankungen von Säuglingen soll die Mutter Anis-Tee trinken, der durch Anis-Tinktur verstärkt ist. Die Wirkstoffe sollen über die Milch beim Säugling zur Geltung kommen. Anstelle der bei uns wenig gebräuchlichen Anis-Tinktur kann das Infus durch einige Tropfen Anisöl verstärkt werden.

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Echter Baldrian (Common Valerian) Valeriana officinalis L.

Botanik
FAMILIE: Baldriangewächse (Valerianaceae).
HABITUS: Bis 1 m hohe Staude. Stängel wenig beblättert. Wurzelstock walzenförmig, Ausläufer aussendend, mit typischem Geruch.
BLÄTTER: Unpaarig gefiedert, aus 11 bis 23 lanzettlichen, grob gesägten Fiedern zusammengesetzt. Am Stängel gegenständig.
BLÜTEN: Hellrosa, klein, asymmetrisch, 3 Staubblätter; in doldenartiger Anordnung mit kegelförmigem Umriss.
BLÜTEZEIT: Mai bis September.
FRÜCHTE: Einsamig, nussähnlich mit Haarkrone (Pappus).
VERBREITUNG: Europa, gemäßigte Zonen Asiens.

Pharmazie
ERNTEGUT: Unterirdische Organe. Sammlung September bis Oktober. Schnelltrocknung bei 40° C ist notwendig.
INHALTSSTOFFE: Ätherisches Öl, so genannte Lignane und Valepotriate.
VERARBEITUNG: Teeaufguss, Tinktur, Extrakt.

Medizinische Verwendung
Baldrian ist überwiegend ein Nervenmittel und wird in dem Kapitel „Beet: Nerven“ näher abgehandelt. Die Anwendung als krampflösendes Mittel erstreckt sich auf Erfahrungen der Volksmedizin.

VOLKSTÜML. VERWENDUNG: Bei Koliken, nervösen  Magenkrämpfen, Uterusspasmen. Dosierung. 1 Teelöffel Baldrianwurzel (3 bis 5 g) wird mit ca. 150 mL heißem Wasser übergossen und nach 10 bis 15 Minuten durch ein Sieb gegeben. 2- bis 3-mal täglich und vor dem Schlafengehen eine Tasse frisch bereiteten Teeaufguss trinken. Oder Baldriantinktur (Baldriantropfen) ½ bis 1 Teelöffel ein- bis mehrmals täglich.

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