Teilprojekt 5

Tp5 cepter 151

Analyse individueller Informationsverarbeitung in epileptischen und physiologischen kognitionstragenden kortikalen Netzwerken

Ein wesentliches Problem in der individuellen chirurgischen Resektionsplanung von medikamentenrefraktären Epilepsiepatienten stellt die Identifizierung der epileptogenen Zone, bzw. des epileptogenen Netzwerks dar. Dieses ist individuell und seine möglichst exakte Definition bestimmt den therapeutischen Erfolg von Epilepsiechirurgie. Approximativ werden üblicherweise die Anfallsursprungszone und damit gekoppelte Hirnareale bestimmt. Dies beruhte bislang meist auf der deskriptiven Analyse der Hirnaktivität im Anfall. Mit diesem Projekt verfolgen wir einen gänzlich neuen Ansatz in der Beschreibung des individuellen epileptogenen Netzwerkes. Mit der Entwicklung rekurrierend gekoppelter neuronaler Netzwerke, die im Hippocampus und der Großhirnrinde ausgebildet sind, hat die Evolution ein neues und sehr effizientes Prinzip zur Kodierung, Speicherung und Verarbeitung von Information „entdeckt“. Es beruht darauf, Rechenoperationen in sehr hoch-dimensionalen dynamischen Zustandsräumen durchzuführen. Solche Räume werden durch die extrem komplexe Dynamik rekurrierender Netzwerke erschlossen. Derartige rekurrierende Netzwerke liegen vermutlich den meisten kognitiven Funktionen zugrunde. Der Preis für dieses evolutionär sehr erfolgreiche Prinzip der Informationsverarbeitung ist die Epilepsie, da rekurrierende Netzwerke Gefahr laufen, suprakritische Erregungszustände auszubilden. Entsprechend existiert eine Fülle von hierarchisch organisierten Kontrollsystemen, die solche Systemkatastrophen verhindern sollen.

Epileptogene Netzwerke sind in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, neue Information aus verschiedenen Quellen zu synthetisieren, da diese in komplexen, hochdimensionalen zeitlichen Korrelationsstrukturen kodiert wird. Die erhöhte Synchronisation epileptogener Netzwerke führt zu einer drastischen Reduktion der Komplexität und Dimensionalität dieser informationskodierenden dynamischen Korrelationsmuster.

Noch steht die Erforschung der Dynamik und Kontrolle rekurrierender Netzwerke ganz am Anfang, da die Analyse solcher Netzwerke hochauflösende, hochparallele Ableittechniken und anspruchsvolle mathematische (informationstheoretische) Methoden zur Analyse hochdimensionaler Zeitreihen erfordert.

Projektleiter: PD Dr. Christian A. Kell; AG Kognitive Neurowissenschaft, Klinik für Neurologie und Brain Imaging Center, Schleusenweg 2-16, 60528 Frankfurt am Main

Weitere Projektmitarbeiter: Johannes Gehrig; AG Kognitive Neurowissenschaft; Dr. Diljit Singh Kajal, Klinik für Neurologie und Brain Imaging Center; Igor Dubinin, Ernst Strüngmann Institute for Neuroscience in Cooperation with Max Planck Society; Ass. Prof. Dr. Lucia Melloni, MPI für empirische Ästhetik; Prof. Dr. Wolf Singer, Senior Fellow, Neurophysiologie, Ernst Strüngmann Institute for Neuroscience in Cooperation with Max Planck Society, Prof. Dr. Michael Wibral; Brain Imaging Center, AG Magnetoencephalography (MEG)

Foto: Leon van Alphen