Teilprojekt 7

Tp7 cepter 409

Abdichtung der Blut-Hirn-Schranke zur Prävention und Therapie epileptischer Anfälle

Die Blut-Hirn-Schranke (BHS) ist eine physiologische Barriere, die das Gehirn vor zirkulierenden Toxinen und Krankheitserregern schützt und gleichzeitig die Versorgung mit essentiellen Substanzen, wie z.B. Eisen und Glucose, sicherstellt. Die BHS wird von Endothelzellen der zerebralen Kapillargefäße gebildet und bildet zusammen mit Astrozyten und Perizyten die sogenannte Neurovaskuläre Einheit (NVE). Die BHS hält durch streng kontrollierten Einlass von Plasmabestandteilen mittels der tight junctions zwischen den Endothelzellen und efflux transporters auf der luminalen Membranseite sowie durch eine Limitation der  Transzytose die Homöostase im Gehirn aufrecht. Diese exakte Kontrolle ist für die Funktion des ZNS lebenswichtig. Die BHS ist bei einer Vielzahl neurologischer Erkrankungen fehlgesteuert, u.a. bei der zerebralen Ischämie, dem Schädel-Hirn-Trauma, dem Höhenhirnödem, der hepatischen Enzephalopathie und bei unterschiedlichen Typen von Hirntumoren. Neuere Daten lassen vermuten, dass eine Fehlfunktion der BHS mit einer erhöhten Durchlässigkeit von Serumproteinen epileptische Anfälle auslösen und perpetuieren kann. Außerdem kann eine Fehlfunktion der BHS zu einem Hirnödem und einer intrakraniellen Druckerhöhung führen, wodurch das klinische Ergebnis zusätzlich verschlechtert wird. Demzufolge sind neue klinische Optionen zur Behandlung einer BHS-Fehlfunktion dringend geboten. Eine pharmakologische Abdichtung der BHS könnte sowohl für die Prävention als auch für die Behandlung von epileptischen Anfällen sinnvoll sein.

Wir haben kürzlich ein Mausmodell mit einer undichten BHS (Gurnik et al., 2016) entwickelt, welches wir für die Untersuchung unserer Arbeitshypothese „Mäuse mit fehlgesteuerter BHS sind für epileptische Anfälle empfänglich“ einsetzen möchten (in Kollaboration mit der AG Rosenow). Expressionsanalysen von Hirn-Endothelzellen aus Angiopoietin-2 (Ang-2) überexprimierenden Mäusen zeigten eine Verringerung der tight/adherens junction Proteine und eine Erhöhung von Caveolin-1 sowie verwandter Proteine, die für die vaskuläre Durchlässigkeit zuständig sind. Immunhistochemische Untersuchungen ergaben eine verringerte Bedeckung der Endothelzellen mit Perizyten in Ang-2 überexprimierenden Mäusen. Diese Befunde wurden durch elektronenmikroskopische Analysen untermauert, in denen defekte endotheliale Zell-Zell-Verbindungen (junctions) mit vergrößerten Vesikeln und einer verringerten bzw. zertrennten Glykocalix erkennbar wurden. Diese Ergebnisse veranschaulichen, dass Ang-2 die Durchlässigkeit der Kapillargefäße sowohl über parazelluläre als auch transzelluläre Routen vermitteln kann. In Schlaganfallpatienten ging die zerebrovaskuläre Erkrankung mit einer Störung der BHS und erhöhten Ang-2 Spiegeln einher. Im Mausmodell zeitigte die Ang-2 Überexpression nach einem experimentell herbeigeführten Schlaganfall erhöhte Infarktgrößen und verstärkte vaskuläre Durchlässigkeit für endogenes IgG, was eine pathophysiologische Verwicklung von Ang-2 beim Schlagfall nahe legt. Die erhöhte Durchlässigkeit konnte durch die Aktivierung des Ang-2 Rezeptors, Tie2, mit Hilfe eines vaskulären endothelialen Protein-Tyrosin-Phosphatase (VE-TP) Inhibitors wieder aufgehoben werden. Dies erfolgte unabhängig von einer Phosphorylierung von VE-Cadherin. Somit konnten wir Ang-2 als endothelialen, zelleigenen Steuerungsfaktor der BHS Durchlässigkeit identifizieren.

Projektleiter: PD Dr. Yvonne Reiss, Arbeitsgruppenleiterin und Prof. Dr. Karl H. Plate, Direktor, Neurologisches Institut (Edinger Institut), Universitätsklinikum Frankfurt, Heinrich-Hoffmann-Straße 7, 60528 Frankfurt am Main

Weitere Projektbeteiligte: Dr. Kavi Devraj, Neurologisches Institut (Edinger Institut)

Foto: Leon van Alphen