Das Zentralheiligtum von NIDA/Frankfurt a. M.-Heddernheim

Interdisziplinäre Studien zu Sakraltopographie, Deponierungen und rituellen Praktiken

 

Der civitas-Hauptort Nida gehörte zu den städtischen Zentren im Limesgebiet. Seine Gesellschaft zeichnete sich infolge der hohen (militärischen) Mobilität im Vorfeld von Mainz durch einen außergewöhnlichen Kulturpluralismus aus. Im Zentrum von Nida gelang 2016-18 auf ca. 4000 m² Fläche die fast vollständige Ausgrabung eines Heiligtums. Die Befunde sind zusammenhängend und beinahe ungestört erhalten. Dies überrascht zum einen, weil die Frankfurter „Römerstadt“ als weitgehend überbaut und zerstört gilt, zum anderen, weil man im Zentrum der Stadt eigentlich ein Forum erwartet hatte. Durch seine zentrale Lage ist die Entwicklung des Heiligtums elementar mit der Geschichte von Nida verbunden; möglicherweise wurde es zusammen mit der civitas Taunensium Anfang 2. Jh. gegründet (Arbeitshypothese). Die Anlage bestand aus verschiedenen, teilweise mehrphasigen Steinbauten innerhalb einer temenos-Mauer. Hier ist u. a. das bereits seit dem 19. Jh. durch einschlägige Funde postulierte Dolichenum zu verorten. Inschriftlich und ikonographisch sind aber noch weitere Gottheiten bezeugt, z. B. Mercurius Alatheus, Diana, Apollon und Epona. Neben der Sakraltopographie liegt der Hauptfokus des Forschungsprojekts auf den Deponierungen und rituellen Praktiken. Ein hervorstechendes Charakteristikum des Heiligtums sind ca. 70 „Kultschächte“ und weitere (Opfer-?)Gruben im temenos-Areal, die unterschiedlich fundreich sind und differenzierte Verfüllungsvorgänge widerspiegeln. Dank moderner Ausgrabungstechnik mit durchgängiger Probenentnahme ist eine konzertierte interdisziplinäre Auswertung durch Archäologie, Archäozoologie und Archäobotanik möglich. Auf diese Weise bietet sich die einzigartige Chance einer umfassenden interdisziplinären Erforschung ritueller Deponierungen, der dahinter stehenden rituellen Praktiken und ihres sich bereits abzeichnenden Wandels. Das schließt auffällige Befunde einer abschließenden (rituellen?) Planierung und mögliche Praktiken der Desakralisierung in der 2. Hälfte des 3. Jhs. mit ein.

 

 

 

Projektpartner

Denkmalamt Frankfurt a. M.

Archäologisches Museum Frankfurt a. M.

Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts

Goethe-Universität, Institut für Archäologische Wissenschaften, Abt. I-III

 

Publikation

Th. Flügen/A. Hampel/C. Wenzel, Ein Tempelbezirk im Zentrum von Nida (Frankfurt-Heddernheim) – erste Ergebnisse. hessenARCHÄOLOGIE 2016 (2017) 89-92.

  1. Hampel/M. Scholz, Zwei Brunnen im Tempelbezirk von Nida (Frankfurt-Heddernheim). hessenARCHÄOLOGIE 2017 [2018], 127-131.
  2. Wenzel, Votum solvit! Weihungen von Militärangehörigen und ein zentraler Kultbezirk im römischen Nida (Frankfurt am Main-Heddernheim). Proceedings of the XXIIII Limes Congress, Viminacium 2018 (im Druck).