Tell Chuera im 3. Jt. v. Chr. – eine frühsyrische Stadt

Die Siedlung und ihre Befestigung

Die frühsyrische Stadt (Tell Chuera I) hat offenbar relativ schnell nach der Gründung ihre volle Ausdehnung erreicht. Die äußere Begrenzung wird durch eine Reihe von niedrigen Erhebungen markiert, die kreisförmig angeordnet sind (Abb. 2). Einschnitte innerhalb des Befestigungsrings lassen Toranlagen vermuten, von denen eine durch geomagnetische Prospektion nachgewiesen werden konnte.

Nach innen folgt dann die sog. Unterstadt, eine etwa 100m breite Zone, die den Kernbereich, die sog. Oberstadt, ringförmig umschließt. Sie bildet mit einer Fläche von ca. 220.000qm etwa ein Drittel des Stadtgebietes, das etwa 650.000qm umfasst. Kleinere Sondagen legen eine dichte Bebauung der gesamten Unterstadt mit Wohnhäusern nahe. Nach allgemeinen Schätzungen kann man allein für den Bereich der Unterstadt mit ca. 1.400-1.500 Häusern, d.h. mit etwa 7.000-8.000 Bewohnern rechnen.

(Gesamtplan, Stand 2005)

Die Kuppen der Oberstadt erheben sich heute 10-15m über die Fläche der Oberstadt. Von Nordwesten nach Südosten, etwa in der Linie von zweien der angenommenen Tore, wird die Oberstadt von einer Senke durchzogen, die zweifellos einen unbebauten Platz kennzeichnet.

Innerhalb der Oberstadt haben eine Anzahl öffentlicher Großbauten (Palast, Tempel) gelegen, daneben gab es auch einfache Wohnviertel. Die Verteilung der beiden Gebäudetypen und die der Freiflächen ist zwar noch nicht in vollem Umfang gesichert, doch vermittelt der Plan der geomagnetischen Prospektion ein eindrucksvolles Bild. Sicherlich haben sich in der Oberstadt ebenso viele Häuser befunden, wie in der Unterstadt, so dass von einer Gesamtbevölkerung von knapp 15.000 Einwohnern ausgegangen werden darf, eine beachtliche Siedlungsgröße für das 3. Jt. v.Chr. Im Folgenden soll nur ein Teil der bereits freigelegten Bausubstanz angesprochen werden.

Öffentliche Bauten
Die im Südostteil der Oberstadt an der Oberfläche sichtbaren Reste von drei monumentalen Steinbauten gehören zu den auffälligsten Kennzeichen der Ruine und haben von Anfang an die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Diese Steinbauten sind, nach den jüngsten Ergebnissen zu urteilen, zu einem gemeinsamen Komplex, einer „via sacra“, einem Aufweg von der Unterstadt bis in den Haupttempelbezirk der Oberstadt, zusammenzufassen. Dabei bildet der Steinbau III mit einer mächtigen, über 13m breiten Freitreppe, von der noch 14 Stufen erhalten sind, einen propylon-artigen Zugang zu diesem Bereich.

Über eine Art Durchgangsraum und einen Verteilerbau (Steinbau II, IV) gelangte man über eine Terrasse zum Steinbau I, offensichtlich dem Haupttempel von Tell Chuera, der dem syrischen Wettergott geweiht war. Von dieser Anlage ist allerdings nur noch der massiv aus Steinen gesetzte Unterbau erhalten, auf dem sich ursprünglich das Heiligtum – ein Antentempel – befunden hat. Durch die insgesamt 140m lange Mauer werden nicht nur die drei Steinbauten miteinander verbunden und damit ihre funktionale Einheit betont, sondern dieser Bereich wird deutlich von der Umgebung abgegrenzt. Neben den vier angesprochenen Bauten befindet sich mindestens noch ein weiterer Großbau in diesem Komplex, der zweifellos in einer jüngeren Periode der Besiedlung – Tell Chuera ID, ca. 2.459-2.300 v.Chr. – gegründet wurde; Reste der älteren Bebauung, die auch schon sakral ausgerichtet war, konnten ebenfalls bereits freigelegt werden.

In dem sakralen Bezirk wurde, unmittelbar nördlich von Steinbau II, ein Grab freigelegt, das sehr aufwendig mit Grabbeigaben ausgestattet war. Dazu gehören u.a. mehrere unterschiedliche Bronzewaffen sowie Teile einer aus verschiedenen Materialien (Bronze, Stein, Muschel) hergestellten Maske. Diese Bestattung ist am ehesten als Beisetzung von Kultpersonal einschließlich den Resten einer Götterstatue zu interpretieren, die ursprünglich im Haupttempel aufgestellt war und die bei der Plünderung der Stadt zerstört wurde.