Was ist Rassismuskritik?

TIN*Feindlicher Feminismus Titelbild

In ihrem Leitbild wendet sich die Goethe-Universität gegen Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus. Auch durch die Antidiskriminierungsrichtline gibt sich die Universität die Aufgabe, jede Form von Diskriminierung zu verhindern oder zu beseitigen.

Der Anspruch, eine gleichberechtigte Zusammenarbeit ihrer Mitglieder und Angehörigen auf allen Ebenen zu fördern, wird durch gesamtgesellschaftliche Phänomene wie Rassismus und Diskriminierung laufend herausgefordert. Historisch gewachsen, zieht sich Rassismus durch alle gesellschaftlichen Ebenen. Er beruht nicht nur auf dem Handeln und Denken einzelner Individuen, sondern ist strukturell und kulturell tief in unserer Gesellschaft und ihren Institutionen verankert. Universitäten sind davon nicht ausgenommen und dennoch wurde das Thema an den Hochschulen bis jetzt nur wenig thematisiert.

Vor diesem Hintergrund sind im Folgenden Informationen und weiterführende Quellen rund um das Thema Rassismus und Rassismuskritik an Hochschulen zusammengestellt.

Nach dem Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor wird Rassismus wie folgt definiert:

"Im Kern wird Rassismus als eine Ideologie sowie als eine diskursive und soziale Praxis verstanden, in der Menschen (1) aufgrund von äußerlichen Merkmalen in verschiedene Gruppen eingeteilt werden (Kategorisierung), denen (2) per „Abstammung“ verallgemeinerte, verabsolutierte und unveränderliche Eigenschaften zugeschrieben werden (Generalisierung und Rassifizierung), die (3) bewertet und (zum Vorteil der eigenen Gruppe) mit sozialen Rangstufen verbunden werden (Hierarchisierung), womit (4) ungleiche Behandlungen und gesellschaftliche Macht- und Dominanzstrukturen reproduziert und begründet werden (Legitimierung)."

Einfacher gesagt ist Rassismus eine machtvolle gesellschaftliche Struktur, in der Menschen rassistische Zuschreibungen erfahren, benachteiligt und/oder abgewertet werden und Diskriminierung erfahren.

Rassismus an der Universität umfasst mehrere Aspekte. Neben dem Alltagsrassismus geht es auch darum institutionelle Praktiken, die Forschung sowie Lehr- und Lerninhalte mit einer rassismuskritischen Analysebrille zu betrachten.  

Rassismuskritik als Professionskompetenz ist ein „analytisches Instrument“ (Fereidooni, 2023), mit dem auf die institutionellen Organisations- und Handlungslogiken geschaut  und geprüft wird, inwiefern diese auf rassismusrelevantem Wissen aufbauen und Rassismus reproduzieren. Ziel der rassismuskritischen Kompetenz ist es nicht nur Rassismus sichtbar zu machen und zu benennen, sondern auch über das rassismusrelevante Wissen und die Strukturen aufzuklären um Rassismus entgegenzuwirken.

Eingebettet in die Diversity Policies der Goethe-Universität, die intersektional ausgelegt sind, gehört auch das Thema Rassismus und Rassismuskritik zu einer der Querschnittsaufgaben, die alle Bereiche der Hochschulentwicklung und –steuerung betrifft. 

Hier finden Sie ein Glossar zu den wichtigsten Begriffen im antirassistischen Diskurs. Die einzelnen Definitionen sind aus den genannten Quellen wortwörtlich wiedergegeben worden. Ein ausführliches Glossar zum Thema Rassismus u.a. gibt es z.B. von den Neuen Medienmacher*innen (Ein bundesweites Netzwerk von Journalist*innen mit und ohne Einwanderungsgeschichte.)

Als________ markiert: Menschen werden im gesellschaftlichen Zusammenleben oft anhand äußerlicher Merkmale und damit verbundenen konstruierten Logiken fremddefiniert und somit „markiert“. Die Markierung hat dabei nichts mit der Selbstdefinition zu tun, auch wenn sie übereinstimmen kann. Menschen können somit als asiatisch markiert sein, ohne sich selbst als asiatisch zu bezeichnen. (Quelle: Ehrlich & rive (2023, S. 6)) Manchmal wird anstatt von als_____markiert auch als_____ gelesen verwendet.

BIPoC: Abkürzung für Blacks, Indigenous and People of Color: Schwarze, Indigene und andere nicht-weiße Menschen. Im Deutschen als Plural auch BIPoCs. (Quelle: Amjahid (2021; S. 211f.)

Rassifizierung: Rassifizierung bezeichnet einen ideologischen Prozess, der auf der biologistischen Konstruktion von „Menschenrassen“ beruht, denen jeweils spezifische Eigenschaften und Verhaltensweisen zugeordnet werden. (Quelle: Ehrlich & rive (2023, S. 7))

Intersektionalität: Das Zusammenwirken oder die Gleichzeitigkeit verschiedener Diversitätsdimensionen, wodurch spezifische Positionierungen, Erfahrungen und Diskriminierungserlebnisse entstehen. Intersektionelle Diskriminierung ist die Diskriminierung von zwei oder mehreren Diversitätsdimensionen.

Schwarz: Der Begriff wird in jedem Kontext mit großem >S< geschrieben. Dadurch soll sichtbar gemacht werden, dass es sich nicht um das Adjektiv >schwarz< handelt und sich somit auch nicht auf die Farbe bezieht, sondern um eine politische Selbstbezeichnung. Der Begriff ist der Versuch auszudrücken, welche sozialen Gemeinsamkeiten aus dem Konstrukt Rassismus entstanden sind. Es geht also in erster Linie um Erfahrungen und in keiner Weise um biologische Gemeinsamkeiten. Kurz: Der Begriff bezeichnet Menschen, die Rassismuserfahrungen machen. (Ogette, 2020)

Weiß: Wird kursiv geschrieben. Wie bei Schwarz geht es hier nicht um eine Farbe, sondern ebenfalls um eine „politische Beschreibung“ (Ogette, 2020) von Menschen, die als Norm und neutral gesehen werden und damit verbunden Privilegien in der Gesellschaft genießen.

Amjahid, M. (2021). Der weiße Fleck. Eine Anleitung zu antirassistischem Denken. München: Piper.

Ehrich, C. & rive akiko. (2023). Anti-Asiatischer Rassismus: Eine Einführung für die politische Bildungsarbeit (korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven. e.V., Hrsg.). Verfügbar unter: https://www.korientation.de/projekte/radar/broschuere-anti-asiatischer-rassismus/

Ogette, T. (2023). exit RACISM. Rassismuskritisch denken lernen (9. Auflage). Münster: UNRAST.

Weiterführende Informationen und Links

  • Antimuslimischer Rassismus: Ozan Zakariya Keskinkilic‘ Beitrag zu antimuslimischem Rassismus und dessen politische, strukturelle und institutionelle Dimension.
  • Anti-Schwarzer Rassismus: Die Amadeu-Antonio-Stiftung zu rassistischen Kontinuitäten, koloniale Vergangenheit und Verantwortung in Deutschland.
  • Anti-Asiatischer Rassismus: Broschüre "Anti-Asiatischer Rassismus: Eine Einführung für die politische Bildungsarbeit" von RADAR (Ressourcen von/für Asiatische Deutsche gegen anti-asiatischem Rassismus).
  • Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja: Die Amadeu-Antonio-Stiftung zu dessen Begrifflichkeit, Funktionsweise und Schreibweise.

  •  „Der weisse Fleck“: Buch von Mohamed Amjahid zum Wirkungssystem weißer Privilegien, inklusive hilfreicher Tipps für antirassistisches Denken und Handeln. 
  • „Plantation Memories“: Zusammenstellung von Kurzgeschichten über Episoden des alltäglichen Rassismus, verfasst von Grada Kilomba.
  • „Rassismus: Über 500 Jahre Menschenfeindlichkeit“: Podcast-Folge im Deutschlandfunk Nova mit Aladin El-Mafaalani zur historischen Einordnung von Menschenfeindlichkeit.
  • tupodcast“: Podcast von Tupoka Ogette. Gespräche zwischen Schwarzen Frauen zu Themen wie (Über)Leben, Lieben, Inspirieren, Schreiben, Trauer, Hoffnung, Rassismus, Empowerment u.v.m.
  • Halbe Kartoffl“: Podcast von Frank Joung teilt eine Gesprächsreihe mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben und über ihre Erfahrungen und Leben sprechen.
  • „Grundlagen-Wiki“: Im Grundlagen-Wiki der Charta der Vielfalt werden alle grundlegenden Begriffe zum Thema Rassismus erklärt.
  •   „Weiße Privilegien“ (auf Englisch): Checkliste von Peggy McIntosh zur Reflexion eigener Privilegien.
  •  „Connecting the dots – Geschichte(n) von Unterdrückung und Widerstand“: E-Learning-Tool zu postkolonialen und machtkritischen Perspektiven auf Geschichte.
  • ExitRacism“: (Hör-)Buch von Tupoka Ogette mit Fokus auf die Entstehungsgeschichte des Rassismus, mit besonderem Blick auf Deutschland und ein Einstieg in das Thema Rassismus und was es mit einem selbst zu tun hat. Zielgruppe sind Personen ohne Rassismuserfahrung.