Winter-Tietel, Dr. Roman

Theologie der Digitalität. Fundamentaltheologische und hermeneutische Studien unter den Bedingungen des Digitalen

Das vorliegende Habilitationsprojekt geht in fundamentaltheologischer und dogmatischer Perspektive den inzwischen inflationär benutzten Schlagworten Digitalität, digitale Kultur oder digitales Zeitalter nach. Damit werden heute die verschiedensten gesellschaftlichen, kulturellen, aber auch subjekttheoretischen Transformationen durch den technischen Prozess der Digitalisierung beschrieben. Innerhalb der Theologie wird ‚Digitalität‘ nach wie vor zögerlich, aber inzwischen zunehmend entschiedener rezipiert und reflektiert. Es lassen sich dabei ganz unterschiedliche Ebenen der Auseinandersetzung benennen: einerseits symbolorientierte Theorien, die Analogien und Widersprüche zwischen KI und Theologie thematisieren, andererseits fundamentaltheologische Fragestellungen, die die Theologie in Zeiten des Digitalen insgesamt auf den Prüfstand stellen wollen. Mich interessieren vor allem die phänomenologische Ebene des menschlichen ‚Welthorizontes‘ und das Problem der Realitätswahrnehmung. Es lässt sich m.E. gut begründen, dass Digitalisierung und Digitalität das, was Phänomenologen (z.B. Martin Heidegger) unter Welt verstehen, in Beschlag nehmen und deren Wahrnehmung transformieren. Heidegger selbst hat das seinerzeit als ‚Gestell‘ beschrieben. Heute benötigen wir freilich eine aktualisierte Phänomenologie der Technik/ des Digitalen. Gleichwohl steht zu vermuten, dass auch das Digitale eben deshalb, weil es gleichfalls im Wesen der Technik wurzelt, den Menschen einen spezifischen Realitätsraum erschließt und damit andere Verständnisse, etwa der religiösen Offenbarungsphänomene, verschließt. Vielleicht, so jedenfalls die systematische Leithypothese, lässt sich zeigen, dass Technologie generell, das Digitale im Besonderen Religion und dessen Bedingungen verdecken. Ob sich diese These bis zur Erklärung der Tatsache ausspannen lässt, dass in westlichen (d.h. technisierten) Gesellschaften traditionelle Formen der Religion unaufhaltsam abnehmen, kann und wird kontrovers diskutiert werden. Wichtige Gesprächspartner in dieser Debatte sind, abgesehen von Heidegger, vor allem J.-L. Marion, M. Henry, I.U. Dalferth, A. Nassehi und J. Noller.

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